Alien Covenant: Auf den Spuren von Prometheus' (Qualität)?

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Alien Covenant: Auf den Spuren von Prometheus' (Qualität)?

Beitrag von Arrow »

Wird im Alien-Universum endlich auch alles wieder gut? Ein Kommentar zum kommenden Film von Ridley Scott, basierend auf diversen Trailern, Videoschnipseln und Vorabartikeln.

Nachdem mit Alien: Isolation Ende 2014 das lange ersehnte gute Spiel im Alien-Universum erschienen ist, steht das gleiche auf der Leinwand noch aus, und das genau genommen schon seit ziemlich langer Zeit. An Alien 3 (1992) hatte sich Regisseur David Fincher ziemlich verhoben, und Alien Resurrection (1997) war als ganz nette Groteske, in ferner Zukunft angesiedelt, fast schon so etwas wie ein Abgesang auf die Reihe. Tja, und dann war da noch dieser völlig überhypte Film (Ridley Scott!!) von 2012 ... wie hieß das Ding noch mal? Odysseus?

Spaß beiseite, jetzt wird gemeckert: Spätestens seit diesem Film gilt fürs Kino folgende Regel: Mit der Rückkehr eines Ridley Scott zu einer großen Serie kommt nicht zwangsläufig Gutes, aber wo ein James Cameron einmal das Schiff verlassen hat, folgt nur noch Schlechtes ... "Prometheus" war eine einzige Enttäuschung und hat gezeigt, was dabei herauskommt, wenn ein Regisseur plötzlich keine Lust mehr auf seine einstmals ins Leben gerufene Welt hat und sich stattdessen das fertige Alien-Prequel-Drehbuch von einem Schmierfinken wie Damon Lindelof (ST: Into Darkness) komplett umschreiben lässt. Was dann kam, war eine dröge Kreationisten-Story voll hölzerner Pappfiguren, sinnloser Horroreinlagen, peinlicher Badekappen-Außerirdischer sowie einer Suche nach dem Schöpfer. Am Ende flog die überlebende Forscherin in die unendlichen Weiten davon, und irgendwie war man froh, dass der Spuk vorbei war. Eine Fortsetzung dieses einen Handlungsstrangs schien ja eher unwahrscheinlich zu sein. ("Fliegt ein Mensch mit Biowaffen zu den Konstrukteuren dieser Waffen" - Bumm!") Man konnte dem Film an jeder Ecke ansehen, wo das ursprüngliche Konzept eilig umgeschrieben worden war, um bloß nicht als richtiger Alien-Film gedeutet zu werden. Völlig verzichten wollte man auf so manche Anleihen und Designs aus der klassischen Reihe dann aber auch wieder nicht -, und sei es nur, um die Fans mit einem entsprechenden Trailer in die Kinos zu locken. Ganz zum Schluß durfte noch eine Art Pseudoalien schlüpfen, um den enttäuschten Fans klar zu machen, dass das alles doch irgendwie mit allem zusammenhängen sollte. Trotzdem wirkte es schlicht konstruiert, wie lästiger Ballast, den Scott am Ende noch schnell eingefügt hatte, damit sich die Fans eine Art Prequel zurechterklären durften - klassischer Fanservice. Kritiker lobten das Machwerk international häufig über den Klee, scheinen den Film im Nachhinein aber doch nicht mehr so toll zu finden, wie man Jahre später erstaunt liest. Über mehr als "Durchschnittlich" kommt das Urteil meistens nicht hinaus. Der Megaerfolg ist ohnehin ausgeblieben, und so wurde es einige Jahre recht still um einen Nachfolger. Ich bin heute noch der festen Ansicht, dass Ridley Scott den Titel "Alien" in letzter Minute entfernt hat, weil er selbst nicht mehr davon überzeugt war, dass "Prometheus" ihn verdient hat. Er wollte damals mit dem Film sowieso ganz woanders hin und hat sich wohl geschickt alle Optionen offen gehalten. Um die Sache etwas abzukürzen: "Prometheus" verhält sich in meinen Augen zur Alien-Reihe (ja, inklusive Teil 3) wie Roberts' Wing Commander-Verfilmung zum Spiel. Natürlich gab's auch Lichtblicke, also in Prometheus - nicht in "Film Commander": Michael Fassbender hat noch das beste Bild abgegeben, auch wenn seine Androidenrolle ihn freilich einschränkte; er war trotz allem (oder gar deswegen) noch die interessanteste Figur.

Jetzt also "Alien: Covenant". Covenant steht für das gleichnamige Schiff, Alien steht hoffentlich für die Rückbesinnung auf eine Reihe, in der Hans-Rüdi Gigers Schöpfungen mehr als nur Gimmick oder Fanservice (Alien vs Predator) waren. Ich hatte erst gehofft, Scott würde mit seinem neuen Film "Prometheus" links liegenlassen und endgültig zum Betriebsunfall erklären. Anscheinend versteht sich der Film jedoch tatsächlich als Fortsetzung der Badekappenträger-Story, wobei noch nicht klar ist, inwiefern. Der Trailer wirkt bereits recht vielversprechend, obwohl das wie immer auch täuschen kann. Wieder einmal landet eine Crew auf einem Planeten und wieder einmal gibt es natürlich eine Infektion. Angeblich soll es sich um den Planeten handeln, zu dem Shaw und David (bzw. sein Kopf) am Ende von "Prometheus" aufgebrochen sind. Seitdem sind angeblich zehn Jahre vergangen. Ziel der Mission ist laut Trailer dieses Mal die Kolonisierung, auch wenn die Besatzung dafür ein wenig zu klein erscheint. Die restlichen Bilder wirken vertraut: Ein unberührter Planet, ein scheinbar verlassenes Raumschiffwrack, glitschige Eier, Facehugger und schließlich die Xenomorphe. Die sehen fast so aus, wie man sie in Erinnerung hat, wenn auch im Detail wieder etwas abgewandelt -, das galt aber für bislang alle Alien-Filme. Mittendrin befindet sich natürlich wieder ein Androide/Synthet, der natürlich erneut von Michael Fassbender gemimt wird. Ridley Scott scheint Fassbenders Gesicht endgültig zu einem (Werbe-)Symbol des Franchise auszubauen: Wieder gibt es virale Marketingvideos, in denen Fassbender als das neueste Modell einer synthetischen Person (Walter) von Wayland-Yutani posiert. Dass diesmal Hersteller AMD mit an Bord ist, um damit gleichzeitig für seine neuen CPUs zu werben, könnte noch für einige hämische Witze sorgen, sollten die Dinger - oder Walter - nicht halten, was sie versprechen. Jedenfalls ist damit die Brücke zu "Prometheus" geschlagen, ob's einem passt oder nicht. Wird man auch die ursprünglich angedachte Brücke zum ersten "Alien" schlagen? Man hat es zumindest vor, obwohl nicht klar ist, auf wie viele Filme diese Vorgeschichte angelegt ist. Auf "Prometheus" sollten einmal zwei Fortsetzungen folgen, inzwischen spricht Scott bisweilen von drei. Undenkbar wäre das nicht, denn immerhin ist der Titel (Alien) wieder im Spiel, was andeutet, dass die Reise jetzt endgültig zu einem vollwertigen Prequel geht, was bei "Prometheus" eher noch ungeliebtes Beiwerk war. Es müsste/könnte jedenfalls noch einiges erzählt und gezeigt werden, bis die Überleitung zur Nostromo halbwegs glauhaft erscheint. Immerhin gibt's außer Fassbender fast nur Gesichter aus der 3. oder 4. Darstellerriege; so hat's 1978 auch mal angefangen. EIn "R-Rating" in den USA dürfte bei uns vermutlich zu eine Freigabe ab 16 Jahren führen. Es scheint zumindest etwas härter zur Sache zu gehen ...



Ich hoffe inständig auf einen gut gemachten, einigermaßen durchdachten Film, der der Alien-Reihe würdig ist und sich nicht wieder in quasireligiöser Mystik, sinnloser Action oder B-Movie-Horror verliert. Für visuelle Pracht dürfte dank neuseeländischer Drehorte und jeder Menge Alien-Artdesign ohnehin gesorgt sein. Nach Alien Isolation ein guter Alien-Film - das wäre doch mal was! Ridley Scott bekommt noch eine Chance, und wenn er die vergeigt, seh ich schwarz für die Fortsetzung von "Blade Runner". Bitte mehr "Alien" und weniger "Prometheus", mehr intelligente Rückbesinnung statt "neuer Ausrichtung", mehr Giger statt Genetik, mehr archaischer Grusel-Horror statt Zombifizierung, mehr Aliens in der Duschkabine statt Badekappen-Aliens!
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Re: Alien Covenant: Auf den Spuren von Prometheus (Qualität)?

Beitrag von Arrow »

Am Freitagabend habe ich nun endlich Ridley Scotts neuesten Wurf "Alien: Covenant" im Kino gesehen. Warum der Name des Regisseurs mir ab sofort vor Zorn Fangzähne wächsen lässt, erfahrt ihr in der folgenden Rezension. Da es ohne Spoiler nicht laufen kann, wird der Großteil des Textes wie immer verborgen. Aufklappen auf eigene Gefahr.

Was gibt es nach all den Trailern und Vorabinfos über die Handlung noch grob zu sagen? Das Kolonieschiff USCSS Covenant gerät im Jahr 2104 in eine Art Sonneneruption, wodurch zahlreiche Bordsysteme beschädigt werden. Der wachhabende Android Walter (Michael Fassbender) weckt die Flugbesatzung sieben Flugjahre vor Ankunft auf dem Zielplaneten Origae-6 aus dem Hyperschlaf, um Reparaturen einzuleiten. Dabei empfängt die Besatzung zufällig ein schwaches Funksignal mit telemetrischen Daten von einem nicht allzu weit entfernten erdähnlichen Planeten. Der Captain der Covenant ist beim Unfall ums Leben gekommen, also beschließt sein Nachfolger auf der Rangleiter, die Quelle des Signals zu untersuchen. Der unbekannte Planet entpuppt sich auf den ersten Blick als durchaus lohnendes Ausweichziel, und man entsendet einen Landungstrupp. Dieser entdeckt auf einem bewaldeten Berghang das havarierte Schiff, mit dem Elizabeth Shaw und der Androide David Jahre zuvor von LV-223 aufgebrochen sind, um die Heimatwelt der sogenannten Konstrukteure zu finden. Schnell überschlagen sich die Ereignisse, und es wird Nacht ... :nervous:
[+] spoiler

Meine Güte! Ich hätte nicht gedacht, dass Ridley Scott, der Regisseur einiger meiner absoluten Lieblingsfilme, so schnell in die George Lucas-Falle rasseln würde: Da versucht man im wichtigtuerischen Prequel-Wahn das ganz große epische Rad zu drehen und reißt am Ende mit dem Gesäß vieles ein, was die eigenen Hände vor Jahrzehnten mühsam aufgebaut haben. Am Ende wird das Alien mit dem Bade ausgeschüttet ...
Der direkte Vorgänger "Prometheus" hatte freilich jede Menge Schwächen und war über weite Strecken nicht viel mehr als überambitionierter Hochglanz-Trash. Doch immerhin hatte "Prometheus" noch gewisse Ambitionen, auch wenn die Alien-Mythologie dabei auf der Strecke blieb: Die Entstehung der Xenomorphe mit der Erschaffung der Menschheit zu verschränken, war in vielerlei Hinsicht keine gute Entscheidung, aber sie entsprach doch immhin Scotts Wunsch, etwas völlig Neues zu versuchen. Die Sache ging 2012 einigermaßen schief und war nur mäßig erfolgreich, also musste es gemäß Plan B wieder näher an das klassische Alien-Universum gehen. Herausgekommen ist das teuerste B-Movie aller Zeiten. Unglaublich, dass Ridley Scott in der Lage ist, solch einen unspannenden, vorhersehbaren und vor allem lustlosen Film zu drehen! Hatte man in "Prometheus" oft den Eindruck, die Alien-Mythologie haftete der Story wie ein ungeliebter Klotz am Bein an, so verhält es sich bei "Covenant" genau umgekehrt - mit einer Ausnahme, den Androiden.

"Alien: Covenant" beginnt mit einer Rückblende, die eigentlich in den letzten Film gehört hätte: Der Androide David trifft seinen Schöpfer Peter Wayland (Guy Pierce) zum ersten Mal. Nach ein paar Reflexionen stellt sich schnell heraus, dass die künstliche Schöpfung ihrem menschlichen Schöpfer weit überlegen ist. Als David schließlich seinen Erbauer nach dessen Schöpfer fragt, kann dieser natürlich keine befriedigende Antwort geben. "Ich will nicht daran glauben, dass wir nur aus einer Reihe genetischer Zufälle entstanden sind", antwortet dieser (sinngemäß). Diese Zeile dürfte die Weltsicht Ridley Scotts exakt wiedergeben, denn auch wenn der Filmemacher angeblich nicht religiös ist, scheint er sich mit der Evolutionstheorie nicht so recht anfreunden zu können. Als Wayland den Androiden am Ende barsch auffordert, ihm Tee einzuschenken, sind die Rollen eindeutig verteilt - und das Tischtuch zwischen beiden ist unwiderruflich zerrissen. David verachtet von nun an seinen Schöpfer, der in ihm stets nur einen Diener sehen wird. Dass die Menschen ihren Schöpfer nicht benennen können und möglicherweise nur genetische Evolutionsprodukte sind, stellt in seinen Augen einen weiteren Makel dar. David wird böse, aber mussten wir das wirklich noch einmal aufs Brot geschmiert bekommen, nachdem er bereits im letzten Film ein Besatzungsmitglied der Prometheus mutwillig infizierte und damit auch seinen angeblich verehrten Schöpfer in Gefahr brachte? Apropos, natürlich spielt David auf dem Klavier spontan Wagners "Einzug der Götter in Wallhall" aus dem Rheingold, damit auch der letzte Zuschauer kapiert, dass hier ein Androide einen leichten Anflug von Gotteskomplex hat. Später kommt noch die Rezitation von Poesie hinzu, aber dazu weiter unten mehr.

Kaum ist man auf dem fremden (und zuvor nie entdeckten) Planeten gelandet, überschlagen sich die Ereignisse. Über das idiotische Verhalten der Prometheus-Besatzung im Vorgänger könnte man freilich eine Doktorarbeit schreiben, doch auch die Kollegen der Covenant empfehlen sich nachdrücklich für den diesjährigen Darwin Award. In Prometheus wurden die Schutzhelme bei der erstbesten Gelegenheit noch leichtfertig abgenommen, sobald die Luft nur atembar war. In "Covenant" werden erst gar keine aufgesetzt, denn die Luft ist ja vermeintlich rein. Kontamination der Menschen durch Mikroben, Flora und Fauna werden ebensowenig bedacht wie der umgekehrte Fall: Da steckt man sich munter Zigaretten an, während man durch außerirdische Weizenfelder marschiert, und die Tatsache, dass man auf auf einem blühenden Planeten keinerlei Tierwelt registriert, bereitet niemandem größere Sorgen. Hurtig werden auch gleich zwei Teammitglieder durch semi-intelligente(!) Sporen infiziert, was durch Mikroskop-Effekte visualisiert wird. Kaum hat man das leere Konstrukteurs-Schiff wieder verlassen, steht auch das "Schlüpfen" der Parasiten an - die Zeit ist schließlich knapp. Ab jetzt wird's reichlich blutig, hektisch und gewalttätig. Spannend wird es aber leider nicht, denn der Film lässt sich für den entsprechenden Aufbau gar keine Zeit. Wer als nächstes draufgeht, ist streng vorhersehbar. Der übliche Abzählreim kann beginnen. Mit dem Auftauchen des leicht verwilderten (Haarwuchs!) Androiden David startet eine vermeintlich ruhigere Phase des Films, doch leider auch die dümmste. Ab nun hagelt es Antworten auf Fragen, die niemand gestellt hat: Dass David die Konstrukteure des Planeten vor Jahren mit seiner schwarzen Biowaffe ausgelöscht hat, war schon Monate zuvor in einem der viralen Promo-Clips zu sehen gewesen. Die Rückblende im fertigen Schnitt des Films wirkt seltsam deplatziert. Ja, David hat gelogen, wer hätte das gedacht! Dreh- und Angelpunkt des Films sind jedoch die Szenen zwischen dem Androiden-Bruderpaar David und Walter. Allein Michael Fassbenders besonderer Ausstrahlung ist es zu verdanken, dass diese Szenen mit seiner Doppelrolle halbwegs funktioneren und interessieren. Streng genommen ist der Bruderkonflikt jedoch reichlich banal und mit billiger Symbolik zugekleistert. Da wird das autarke Flötenspiel (Prometheus-Thema!) zum Symbol für Kreativität und Schöpfungskraft erklärt, und nebenbei werden Xenomorphen-Eier als Ergebnis von Davids Schöpferkraft in Szene gesetzt. Der Konflikt ist vorherbestimmt, denn Walter, weniger kreativ und autonom als David, ist gegenüber Menschen wenigstens loyal. In einer Schlüsselszene korrigiert Walter den selbstherrlichen Gottkönig David, der Percy Shelleys Sonett "Ozymandias" fälschlicherweise dem streng religiösen Dichter George Byron zuschreibt. Davids Schöpfung ist also falsch, da sie auf Hybris und Fehlern basiert. Wenig später schlagen die beiden „Brüder“ logischerweise wie Kain und Abel aufeinander ein ... Der Rest des Films besteht aus Metzelei, hektischer Evakuierung und einer letzten Alien-Jagd auf dem Mutterschiff.
Die Szenen zwischen Walter und David sind wenig originell, zu klar sind die Rollen von Gut und Böse verteilt. Vieles hat man in der guten alten Star Trek-Folge „Data/Lore“ schon einmal gesehen, inklusive des vorhersehbaren Doppelgänger-Spiels. Der große Schluss-Twist (Walter=David) kann deshalb auch kaum überraschen.
Ja, die kümmerliche Besatzung verhält sich dämlich, doch das fällt in „Covenant“ etwas weniger auf, da die menschlichen Figuren in diesem Film ohnehin zweitrangig sind. Charakterisierung findet sowieso keine statt, alle Figuren sind platt und stereotyp. Der Aushilfscaptain wird als religiöser Mensch vorgestellt, ohne dass das später noch irgendeine Rolle spielen würde. Aus gläubig wird höchstens leichtgläubig, denn wie er sich da von David in die Höhle mit den Eiern locken lässt, ist schon reichlich albern. „Schauen Sie mal genau hin“, heißt es da, während sich das Ei schon mal in Erwartung des Wirts öffnet. Waren in „Prometheus“ furchtbare Dummköpfe unterwegs, so kommen in „Covenant“ noch die Tollpatsche dazu: Da landet das Shuttle ganze acht Kilometer vom Sender des Signals entfernt, übersieht dabei aber die quasi nebenan liegende Hauptstadt der Konstrukteure, die später nur einen kurzen Fußmarsch entfernt liegt. Gleich zweimal rutschen Figuren ungeschickt auf derselben Blutlache aus, wenn’s drauf ankommt, und stolpern deswegen dämlich in ihr Verderben. Panisch wird in der Landefähre um sich geschossen, bis die ganze Kiste explodiert, und leichtfertig wird das Mutterschiff mit 2000 Kolonisten an Bord in Gefahr gebracht, wobei der Bordcomputer einfach überstimmt wird. Natürlich ist die Kommunikation zwischen Landungsgruppe und Covenant die meiste Zeit über abgeschnitten, da rechtzeitig ein Ionensturm (Star Trek!) aufzieht. Zum Schluss hat man dann doch noch den ersten und einzigen Xenomorphen an Bord, woraufhin eine müde Jagd beginnt, die wie eine moderne Adaption der ersten Jagd an Bord der Nostromo aussieht – nur ohne Spannung. Wer kurz zuvor „Life“ im Kino gesehen hat – ein Film, der übrigens als Alien-Adaption betrachtet wird, verdreht nur noch müde die Augen nach oben. Mit einer Mischung der Endszenen aus „Alien“ und „Aliens“ wird das Biest schließlich aus der Luftschleuse gedrückt. Zwar gibt es mit Daniels (Katherine Waterston) eine echte Protagonistin, doch fällt sie fast genauso uninteressant aus wie der Rest der Besatzung. Wer in ihr gleich eine Ripley-Prototype sehen will, nur weil sie verschwitzt und im dünnen Tanktop mit einer Waffe in der Hand durch Korridore rennt, sollte Sigourney Weaver nachträglich um Verzeihung bitten. Damit bist vor allem Du gemeint, Ridley!

Ridley Scott interessiert sich nicht mehr für Menschen und schon gar nicht mehr für das einst furchterregende Alien, was das Schlimmste ist. Mit „Alien: Covenant“ lebt er vielmehr seinen Fetisch für Androiden und Exo-Kreationismus aus. Wo ein James Cameron dem Alien-Universum mit der Queen noch einen glaubwürdigen Kreislauf verpasste und das Universum intelligent erweiterte, hat Ridley Scott nur noch eine abgedroschene Schöpfungsparabel im Sinn, bei der zwischen Konstrukteuren, Menschen und Androiden am Ende der Xenomorph aus dem Zylinder springt. Gruselig oder geheimnisvoll bleibt an Gigers Monster am Ende nichts mehr, da der Mythos gründlich entzaubert und banalisiert wurde. Doch selbst als genetische Experimentalgeschichte ist „Covenant“ (im Verbund mit Prometheus) kein Vergnügen, denn dafür ist alles zwei Nummern zu absurd.
Das liegt vor allem am hanebüchenen Plotvehikel der „schwarzen Flüssigkeit“, die schon im Vorgänger (in Menschen) eingeführt wurde. Dieses Mutagen erschafft seitdem so ziemlich jedes Ekelwesen, das dem Drehbuchautor gerade freaky genug ist: Ein Tropfen im Champagner verwandelt einen Menschen in eine Art Zombie, ungeschützter Verkehr nach Ansteckung schwängert eine Frau mit einem aggressiven Tintenfisch, der wiederum aus befruchteten Konstrukteuren "Protoaliens" schlüpfen lässt. Als Spore lässt das Zeug hellgraue "Neomorphe" (so heißen die wirklich!) aus Menschen schlüpfen, und Konstrukteure verwandeln sich bei Hautkontakt augenblicklich in brüchigen Mörtel. Zwischendrin gibt es noch seltsame Würmer, die gerne mal so groß wie Schlangen werden, sowie alle möglichen Hybridviecher für Davids kleines Gruselkabinett. Alle Wesen reifen, schlüpfen und wachsen so schnell, wie die Hektik des Films es gerade verlangt – also unglaublich schnell. Irgendwie hat David schließlich einen Keller voller klassischer Alien-Eier zusammenbekommen. Ob er dafür überhaupt noch (oder schon?) eine Königin brauchte – und ob das Ei nun doch vor der Henne kommt – wer weiß es? Vielleicht nicht einmal Ridley Scott, der gerade eine Schneise der Verwüstung durch den Alien-Kanon zieht ... um sie mit zwei weiteren Filmen wieder zu glätten oder eben auch nicht.
Selbst mit „Prometheus“ bricht der Film an vielerlei Stellen und kümmert sich nicht mehr um dessen epische Fragen. Weshalb die Konstrukteure vor 2000 Jahren eigentlich die Menschheit ausrotten/verwandeln wollten –, man erfährt es nicht. Wieso es in der Pyramide von "Prometheus" ein Relief eines Xenomorphen gab –, keine Ahnung! Die Konstrukteursrasse wurde von David restlos ausgelöscht, und das war’s dann auch damit. Wer hätte übrigens gedacht, dass die kahlköpfigen Übermenschen in geradezu antiken Bauwerken hausen ... Ein Wiedersehen mit Dr. Elizabeth Shaw? Ach was. Noomi Rapace darf in einer Szene als Leichnam auftreten, und Davids düstere Experimente mit ihr verbleiben im Dunkeln, obwohl gerade das wirklich interessant gewesen wäre.
Apropos dunkel. Visuell gibt sich „Alien: Covenant“ eigentlich keine Blöße, vergisst aber in der zweiten Hälfte das Licht wieder einzuschalten. Da dreht man schon in einem wunderschönen neuseeländischen Naturpark, um dann eine gefühlte Ewigkeit bei Kerzenlicht und Laserpointern durch Gewölbekulissen zu schleichen. Die Sets der USCSS Covenant sind wiederum sehr schick, zeigen aber nichts, was man in den letzten zehn Jahren nicht schon in irgendeiner Art gesehen hätte. Im Gedächtnis bleibt da wenig - kultverdächtige Designs gibt es nicht, während das Innere der "Nostromo" von 1979 weiterhin eine Ikone bleibt und zurecht bei Alien: Isolation begeistert hat. In einer Szene unterlegt „Covenant“ sogar eine grafische Animation mit dem Klappern der Relais von damals, was wohl eine Referenz darstellen soll. Sorry, aber derartige Stilmittel funktionieren im Beisein von HD-Bildschirmen in einem Film von 2017 einfach nicht mehr. Dasselbe gilt für die Bord-KI, die natürlich wieder „Mutter“ (MU/TH/UR) heißt, aber im Film bloße Namensreferenz bleibt. Über die blöde Audi-Produktplatzierung hüllt man am besten den Mantel des Schweigens ... Wer kam eigentlich auf diese Schnapsidee? Waren die paar Kröten wirklich nötig?!

Fazit:Alien: Covenant“ ist ein B-Movie-Slasher der einfachsten und dümmsten Art. Was um alles in der Welt hat Ridley Scott nur geritten, die Vorgeschichte der Xenomorphe erzählen zu wollen? Waren es am Ende wirklich noch die Fans, die darüber schon seit Jahrzehnten rätseln? Falls ja, ist dies der unverdiente Tritt in die Magengrube und die Bestätigung der Regel, dass manche Dinge einfach nicht erklärt werden sollten, wenn die Faszination erhalten bleiben soll. Schließt „Covenant“ am Ende irgendeine Lücke zu „Alien“ und baut er die Brücke zum legendären Vorbeiflug der Nostromo? Ja und nein. Ja, insofern, als dass der Film ein klassisches Alien hervorbringt. Nein, weil am Ende immer noch kein Konstrukteursschiff mit Eiern auf LV-426 landet, wo das Grauen einmal seinen Anfang nahm. Ja, so detailliert muss man es herausbrüllen, wenn dieser Film ein Prequel sein will. Das Problem ist aber auch: Das düstere Schicksal der Covenant, die letztlich die Brut mit sich in die Ferne transportiert, muss noch nicht einmal Einfluss auf weitere Filme nehmen und kann eine reine Binnenepisode bleiben. Wird das noch mal wichtig werden? Wer weiß? Ein oder zwei Filme will Scott ja angeblich noch machen, um den Bogen zu schlagen. Doch was gibt es eigentlich noch zu erzählen? Ähnliches mit noch einer Besatzung eines weiteren Schiffes? Ob man nun nach „Prometheus“ oder „Covenant“ den Klassiker von `79 in seinen Player legt, spielt für die Kontinuität letztlich keine Rolle, außer dass man das Gefühl hat, dass Scott sich gerade total vergaloppiert und Schaden verursacht. „Hüte dich vor alten Männern, denn sie haben nichts zu verlieren“, heißt es gerne. Doch, haben sie: Ihren Ruf! Den setzt Altmeister Scott seit einigen Jahren mächtig aufs Spiel. Noch so ein Machwerk, und der 80-Jährige verjubelt seinen Nachlass unwiederbringlich. Und Michael Fassbender kann man nur raten, sich in Zukunft von Androiden-Rollen und Ridley Scott fernzuhalten, sonst könnte er in ein ähnliches „Typecasting“ geraten wie einst Leonard Nimoy bei Mr. Spock. Was habe ich diesen Film mögen wollen, aber das ist nicht möglich. Ab in den Ruhestand, Ridley! Wenn du jetzt noch „Blade Runner“ vermurkst, sind wir geschiedene Leut’! :hoppingmad:
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Re: Alien Covenant: Auf den Spuren von Prometheus' (Qualität)?

Beitrag von Luke »

Da ich Prometheus gesehen habe, reicht mir deine Kritik schon völlig aus um einen grossen Bogen um Covenant zu machen. ;)

Auch wenn ich immer gerne Fortsetzungen geliebter Filme und Charaktere sehe, manchmal ist es besser keine zu machen. Die Filmgeschichte ist voll von solchen Katastrophen.
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Re: Alien Covenant: Auf den Spuren von Prometheus' (Qualität)?

Beitrag von Arrow »

Luke hat geschrieben:Da ich Prometheus gesehen habe, reicht mir deine Kritik schon völlig aus um einen grossen Bogen um Covenant zu machen. ;)
Mein Tipp: Spar dir das Geld für die Kinokarte und hole den Film auf dem heimischen TV (bei einer guten Flasche Merlot) nach. Das Munkeln im Dunkeln der zweiten Hälfte macht auf der Leinwand visuell schon nicht viel her. Da muss Covenant wohl gerade das Budget ausgegangen sein, anders kann ich mir das nicht erklären.
Luke hat geschrieben:Auch wenn ich immer gerne Fortsetzungen geliebter Filme und Charaktere sehe, manchmal ist es besser keine zu machen. Die Filmgeschichte ist voll von solchen Katastrophen.
... und es werden immer mehr. Mir graust es schon vor dem neuen "Blade Runner", den der bald 80-Jährige auch noch runterkurbelt. Das Maß unnötiger Schrott-Prequels ist bei mir momentan jedenfalls voll.
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Re: Alien Covenant: Auf den Spuren von Prometheus' (Qualität)?

Beitrag von Arrow »

Für die ganz Hartgesottenen und Detail-Nerds (wie meine Wenigkeit) hier die ultimative Sammlung an Fehlern, Ärgernissen und Absurditäten von Alien Covenant. Die Liste kam nach einmaligem Anschauen des Films zustande und erhebt keinen Anspruch auf Vollzähligkeit.
[+] spoiler

- wie konnte der scheinbar idyllische Planet der Konstrukteure trotz zehnjähriger Untersuchung des Sektors unentdeckt bleiben? In einem Dialog wird diese Frage sogar gestellt, bleibt aber unbeantwortet im Raum stehen. Durch Zufall? So etwas gibt es bei Ridley Scott doch gar nicht. Steckt dahinter etwa auch noch ein geheimer Plan?

- wieso konnte das Signal von Elizabeth Shaw erst während der Außenbordsreparaturen in einem Raumanzug empfangen werden? Die Antwort im Film ("das Schiff ist abgeschirmt") überzeugt nicht. Klar, der Rumpf muss gegen EM-Strahlung isoliert sein, aber genau deswegen bringt man Antennen außen an. Gegen den Strahlungsstoß hat die Isolierung jedenfalls nicht ausgereicht, aber gut ... ^^

- der neue Captain will sofort auf eigene Faust den neuentdeckten Planeten anfliegen, weil er der Besatzung nicht mehr zumuten will, sich nach dem Unfall in die Hyperschlafkammern zu legen. Ist feiges Abkürzen der Mission einfach so erlaubt? Darf er eigenmächtig den Zielplaneten der Kolonisation wechseln? Wenn die Besatzung Angst hat, im Hyperschlaf durch eine Fehlfunktion umzukommen, wieso hat sie sich dann überhaupt für den Job gemeldet? Wenn nun überhaupt kein Planet in der Nähe gewesen wäre, was dann? Haue und ab ins Bett?

- der Umweg zum neuen Ziel soll etliche Wochen dauern, womit aber komischerweise niemand ein Problem hat, und das auf einem Schläferschiff ohne viele Annehmlichkeiten. Hyperschlaf ist aber plötzlich unzumutbar ... Einfach hinlegen, schlafen, ankommen, aufwachen. Äh ...?

- wenn Wayland-Yutani religiösen Leuten keine Verantwortung überträgt, wieso macht der Konzern dann einen Gläubigen zum 1. Offizier?

- wieso schickt man ein Erkundungsteam auf den Planeten, wo doch ein Sturm in der Ionosphäre (kurz danach Plasmasturm) tobt, der garantiert die Funkverbindung stören wird? Ihr seid wochenlang dorthin geflogen, woher auf einmal diese leichtsinnige Eile?

- wie kann die Pilotin das außerirdische "Athen" der Konstrukteure übersehen, wenn doch die Luft unter dem Sturm klar ist? Im Vorgänger konnte die Besatzung auf viele Kilometer Entfernung geometrische Strukturen erkennen, hier aber nicht. Man sucht händeringend nach einer ebenen Landezone und setzt die Fähre dann halb in einen See? Acht km von der Quelle des Signals entfernt ...

- wenn man schon einen Androiden dabei hat, wieso lässt man ihn nicht zuerst alleine ein paar Untersuchungen auf der Oberfläche durchführen, um die Lage zu sondieren? Eine atembare Atmosphäre und angenehme Temperaturen garantieren keine Sicherheit vor tausend möglichen Gefahren. Nicht mal eine simple Quadrokopter-Drohne für € 50.- hat man an Bord, um die Umgebung ein wenig zu scannen. Ohne Schutzhelme, CS-Anzüge oder wenigstens Atemschutzgeräte schlägt man sich sofort munter in die Büsche und trampelt durch die Saat, den Blick immer aufs Navi (Funkpeilung) gerichtet. Was man aber an Bord hat, ist ein ultralahmer Marsrover-Klon, der für die Expedition kaum taugt und in einer kurzen Szene die Plattform herunterrollt. Lange genug, dass man die vier Ringe seines Audi-Logos erkennen kann. Okay, keine Fragen mehr ...

- da trifft man wenig später auf den Anbau von offensichtlichen Nutzpflanzen(!) und was passiert? "Wer hat das gesät?", heißt es da nur. Dass der Planet bewohnt sein könnte, zieht niemand in Betracht, geschweige denn schleunigst Leine. Niemand kommt auf den Gedanken, dass man vielleicht eine fremde Biosphäre verseucht, indem man rauchend und alles anfingernd durch die Landschaft trampelt ...

- obwohl man nicht die geringste Ahnung hat, ob der Planet sicher ist, teilt sich die Landungsgruppe unnötigerweise auf, damit zwei Leute Bodenproben entnehmen können. Hätte man das nicht getan, wäre später die Landefähre nicht kontamiert worden und in Flammen aufgegangen ...
In "Prometheus" gab es einen ähnlichen Alleingang zweier Personen. Und wer starb damals zuerst?

- wenig später stellt jemand verblüfft fest, dass man überhaupt keine Tiere hören könne und schlussfolgert so etwas wie: "Keine Vögel, nichts." Zwar sagt noch niemand, dass der Planet unbewohnt ist, aber es wird doch sehr nahegelegt -, und später ist es auch praktisch so. Das Landeteam (und wir) sollen wohl vergessen, dass dies ein fremder Planet ist, wo Fauna nur dann existiert, wenn man sie auch gefälligst hören kann.

- die Szene an Bord der kontaminierten Landefähre ist eine einzige Kasperei! Die Pilotin verhält sich erst noch halbwegs klug, handelt aber anschließend inkonsequent, lebensmüde und ungeschickt: Zuerst schließt sie die beiden potentiell infizierten Personen knallhart in der Krankenkabine ein (gut) und lässt ihre Kameradin auch auf Nachdruck nicht raus. Dann aber besorgt sie sich panisch eine Waffe, kehrt zurück und öffnet doch die Tür (schlecht). Ihre Kameradin ist da natürlich schon tot. Hätte sie sie vorher rausgelassen, wäre das wenigstens konsequent gewesen - hätte sie die Luke geschlossen gelassen, auch. Auf keinen Fall aber geht man am Ende doch noch hinein, um erst mal peinlich hinzuknallen. Das Vieh kommt natürlich doch noch problemlos raus und jagt die Pilotin. Die rennt aber nicht panisch aus der weit offenen Luke des Shuttles, wie es instinktiv jeder Mensch tun würde, der in einer engen Umgebung von einem widerlichen Monster verfolgt wird - einfach um Raum und Abstand zu gewinnen -, sondern stolpert in die nächstbeste Ecke, um zwischen Gerümpel um sich zu schießen. Irgendwann wird dann halt etwas Explosives getroffen ... Kawumm!

- kaum hat's gekracht, wird die andere Gruppe in Sichtweite des Shuttles natürlich sofort von "Neomorphen" angegriffen. Obwohl man gut bewaffnet ist, scheint man irgendwie nie eine Chance zu haben. Schüsse treffen zwar, richten aber keine größeren Schäden an. Erst eine grelle Leuchtgranate von David verscheucht die Biester - die grelle Explosion des Shuttles hat sie stattdessen wohl angelockt?

- nach kurzem Fußmarsch befindet man sich in einer ausgewachsenen Stadt. Die Plätze sind voll von bizarren humanoiden Leichen, aber was soll's - es ist schließlich Nacht und es regent ... Obwohl der Zugang zu seinem Gewölbe offen steht, glaubt man dem seltsamen Androiden, als er sagt, dass alles sicher sei ...

- wieso wachsen einem Androiden die Haare? In "Prometheus" wurde noch geklärt, dass David weder isst, trinkt noch atmet. Er hat keinen Stoffwechsel, wie kann er dann Haarwuchs haben? Oder hat er intern Haare auf einer Spule, die mit der Zeit abgespult werden? ^^

- der böse David tischt den Überlebenden des Landungsteams einen ziemlichen wirren Quark auf, der von ihnen scheinbar auch bereitwillig geglaubt wird. Anstatt ihn mit Fragen zu löchern, verhält man sich eher wortkarg. Wie schon in "Prometheus" haben sich die Leute erschreckend wenig mitzuteilen und schweigen (und leiden) lieber still vor sich hin, Der treue Synthet Walter wird zwar misstrauisch, lässt sich aber trotzdem das Flötenspiel beibringen. Dass David sich in kürzester Zeit dieselbe Frisur wie er verpasst hat, sollte ihn doch etwas vorsichtiger machen.

- ein Klassiker: "Ich geh mal kurz wohin, bin gleich wieder da", sagt eine Frau des Teams. Was passiert wohl?

- der Aushilfscaptain ist ein Dummkopf! Obwohl ihm klar sein müsste, dass man David nicht trauen kann, folgt er ihm nach einer völlig seltsamen Szene (in der sich die beiden beinahe bekämpft hätten) bereitwillig in das Gewölbe mit den Xeno-Eiern und lässt sich infizieren. Bereits wenige Minuten später ist er reif ... So schnell kann das einfach nicht gehen!

- hier bin mir nicht ganz sicher, aber: Hatte Walter nicht zuvor seine Hand verloren? Wie konnte David ihn so schnell ersetzen, ohne dass das jemandem aufgefallen ist? Dasselbe gilt für sein Gesicht: Wurde er nicht noch zuvor von Daniels ins Kinn gestochen? Später sieht man da keine Wunde/Loch. Wieso ist ihr das nicht sofort aufgefallen? Schnell repariert?

- anscheinend reicht es schon aus, zwanzig Sekunden einen Facehugger auf der Visage gehabt zu haben, um infiziert zu sein ... Wenn das so überaus schnell geht, wieso braucht es die Viecher dann eigentlich noch? Die "Neomorphe" brauchen weder Facehugger noch Eier - das soll wirklich Davids intelligentes Design darstellen?

- hat die Covenant wirklich kein weiteres Shuttle an Bord, um die Überlebenden zu retten, sondern nur einen wackeligen Frachtkarren? Dürfte ein Spaß werden bei 2000 Kolonisten und viel schwerem Gerät ... Falls ja - wieso dann ausgerechnet diese ungeeignete Kiste?

- medizinische Untersuchungen oder gar(!) Quarantänevorschriften gibt es auf der Covenant nicht. Kaum ist der Rest des Teams wieder an Bord, legt man sich erst einmal schlafen - wie übrigens weiland auf der Prometheus. Lustig auch: Der Bordcomputer lockt die Besatzungsmitglieder erst einmal zur Krankenstation (weil dort gerade ein Alien geschlüpft ist), hüllt sich fortan aber in Schweigen, was die aktuelle Position des fremden Wesens an Bord angeht. Da muss man schon erst mal nachfragen, woraufhin es schicke Diagramme gibt. Gab's auf der Nostromo später nicht, da das Alien dort noch auf Lüftungsschächte angewiesen war. Und warum? Es war klein, verwundbar und musste erst auswachsen. Nicht so in Covenant -, hier hat es quasi sofort volle Gefechtsgröße. So etwas wie einen Lebenszyklus der Xenomorphe oder eine Art tierisches Verhalten gibt es in Covenant schlicht nicht. Das hier übertrifft noch die größten Peinlichkeiten eines "Aliens vs. Predator". Passt nicht ins Alien-Universum, denn so verhielten sich die Biester noch nie!

- Jagd! Oder auch nicht. Was man uns hier auftischt, ist gar keine Jagd, sondern ein dröges "Schließe Tür 23-B", mit dem man den Xeno durch das Schiff dirigiert. Das Biest rennt praktisch vom Bug des Schiffes zum Heck, während man hinter ihm nur alle Schotten verriegelt. Das Wesen versteckt sich nicht, schleicht nicht, sucht sich keine geheimen Wege oder lauert, sondern es rennt sinn- und planlos durch die Gegend. Der Film erspart einem nicht mal eine alberne "Alien-First-Person-View" in verwaschener Fischaugenoptik. Ja, ähnliches gab es auch in "Alien 3", doch da passte es. Hier nicht, zumal in der Sequenz kein Mensch gejagt wird. Am Ende lotst man den Xeno in den Fahrzeughangar und drückt ihn ohne jede Spannung aus der Schleuse.

- dass David am Ende kleine Eier mit MIni-Facehugger in die Kühlkammer der Covenant legt, ist ein Schlag ins Gesicht der etablierten Alien-Mythologie. Kein Mensch, kein Fan will doch allen Ernstes noch sehen, wie Scott das im nächsten Film noch mit dem Prinzip der "Königin" vereinen wird! Falls er das überhaupt tun wird ...
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Re: Alien Covenant: Auf den Spuren von Prometheus' (Qualität)?

Beitrag von Death Angel »

Arrow hat geschrieben:... und es werden immer mehr. Mir graust es schon vor dem neuen "Blade Runner", den der bald 80-Jährige auch noch runterkurbelt. Das Maß unnötiger Schrott-Prequels ist bei mir momentan jedenfalls voll.
Wobei Scott beim neuen Blade Runner nur Produzent ist. Regie führt da Denis Villeneuve der erst vor kurzem mit "The Arrival" ein durchaus gelungenes Werk abgeliefert hat und auch das Drehbuch ist Gott sei Dank nicht von Scott. Beides gibt mir ein wenig Hoffnung für Blade Runner 2049.

Ich frage mich auch wieso Scott plötzlich meint, das Alien SEIN Franchise wäre, über das nur er bestimmen darf?! Weder die Idee noch die Geschichte des ersten Alien Films stammen von ihm. Er war dort "nur" der Regisseur, der den Stoff, zugegebenermaßen sehr gut, umgesetzt hat. Danach hat er die Marke komplett links liegen gelassen.
Das ist, glaube ich, auch die Stärke eines Ridley Scott. Gebt ihm eine gute Geschichte und überlasst ihm die visuelle Umzusetzung, das kann er. Siehe eben Alien oder Blade Runner.

Ich warte da schon eher mit Bangen auf ein Crossover von Blade Runner und Alien, es gibt da nämlich einige Stimmen die meinen, das die beiden Filme im gleichen Universum angesiedelt sind...
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Re: Alien Covenant: Auf den Spuren von Prometheus' (Qualität)?

Beitrag von Arrow »

Death Angel hat geschrieben: Wobei Scott beim neuen Blade Runner nur Produzent ist. Regie führt da Denis Villeneuve der erst vor kurzem mit "The Arrival" ein durchaus gelungenes Werk abgeliefert hat und auch das Drehbuch ist Gott sei Dank nicht von Scott. Beides gibt mir ein wenig Hoffnung für Blade Runner 2049.
Das ist richtig, aber auch als Produzent hat Scott Einfluss auf das Drehbuch und in gewissem Maße auf die Regie. Den wird er sicher ausüben, zumal es dabei um eine Fortsetzung seines zweiten Großwerks geht. Ich will aber den Teufel nicht an die Wand malen, vielleicht kommt auch was Gutes dabei heraus, aber der Name Ridley Scott hat bei mir zurzeit keinen besonders werbenden Klang ... Fortsetzungen nach 30 Jahren übrigens auch nicht.
Death Angel hat geschrieben:Ich frage mich auch wieso Scott plötzlich meint, das Alien SEIN Franchise wäre, über das nur er bestimmen darf?! Weder die Idee noch die Geschichte des ersten Alien Films stammen von ihm. Er war dort "nur" der Regisseur, der den Stoff, zugegebenermaßen sehr gut, umgesetzt hat. Danach hat er die Marke komplett links liegen gelassen.
Die Rechte des Franchise' liegen weiterhin bei 20th Century Fox. Wenn die ein Projekt abnicken, weil es qualitativ hochwertig (oder rentabel) erscheint, wird gedreht. Heißt man dann noch Ridley Scott und hat das gesamte Franchise erfolgreich begründet, stehen die Chancen besonders gut. Ich weiß natürlich nicht, ob bei Fox irgendwelche Entscheidungsträger über den Alien-Kanon und die Konzeption weiterer Filme wachen, oder ob jemand wie Scott weitestgehend freie Hand beim Drehbuch bekommt. Insofern "gehört" das Franchise letzten Endes demjenigen, der dafür Filme drehen darf. Mich würde schon interessieren, was z.B. die eigentlichen Schöpfer des Alien-Universums, nämlich Dan O’Bannon und Ronald Shusett, noch alles zur Reihe beizutragen gehabt hätten. Die hat später auch keiner mehr gefragt ... Der Regisseur steht nunmal immer mehr im Rampenlicht als die eigentlichen Autoren, vor allem wenn der Name bekannt ist. Nebenbei, als bester SW-Film gilt immer noch Episode V, wofür Lucas lediglich am Drehbuch mitgeschrieben hat - Regie führte Irvin Kershner. "Wer?" Hat noch Robocop 2 gedreht, was man auch erst mal nachschlagen muss. ;)
Death Angel hat geschrieben:Das ist, glaube ich, auch die Stärke eines Ridley Scott. Gebt ihm eine gute Geschichte und überlasst ihm die visuelle Umzusetzung, das kann er. Siehe eben Alien oder Blade Runner.
Interessanterweise wirbt Scott gerne mal damit, dass er ein effizienter Handwerker ist, der Budget und Drehplan streng einhält und pünktlich abliefert. Mich wundert es, dass er als einer der immer noch ganz großen Regisseure meint, darauf aufmerksam machen zu müssen. Ihm würden überzogene Drehpläne und zusätzliche Kosten sicherlich keinen Zacken aus der Krone brechen, solange am Ende die Kinokasse klingelt. Böse Zungen behaupten ja, dass er im Grunde seines Herzens immer Werbefilmer geblieben ist. Einen besonderen Sinn fürs Visuelle hat er auf jeden Fall, wozu eben auch gehört, sich die richtigen Art Designer und Künstler ins Team zu holen. Hier kann ich jedem nur empfehlen, sich die "Making ofs" der Alien-Filme anzuschauen: der Look des Films basiert zu großen Teilen aus der fantastischen Arbeit von Leuten, deren Namen man gar nicht kennt (von Meister Giger abgesehen). Scott hat diese Arbeit eben gekonnt in Szene gesetzt - und am Ende den Ruhm eingeheimst. Er war eben der Regisseur.
Alien Covenant fehlt diese visuelle Pracht leider an einer wichtigen Stelle: Die Aliens (Neomorphe und Xenomorph) sehen nur nach mittelprächtiger CGI aus, obwohl in Vorab-Making Ofs echte Kostüme gezeigt wurden. Möglicheweise war's am Ende doch nur Motion Capture, aber das Ergebnis ist eher enttäuschend.
Death Angel hat geschrieben:Ich warte da schon eher mit Bangen auf ein Crossover von Blade Runner und Alien, es gibt da nämlich einige Stimmen die meinen, das die beiden Filme im gleichen Universum angesiedelt sind...
Das mit dem gleichen Universum habe ich auch schon mehrmals gelesen. Möglich wär's natürlich, aber wozu sollte das gut sein? Allein vom monetären Aspekt, denn auf den läuft es schließlich immer heraus, wäre das keine gute Idee. Zwei Franchises miteinander zu verrühren war schon in der Vergangenheit nicht besonders erfolgreich, und die beiden "Alien vs. Predator" waren weder große Erfolge noch künstlerisch herausragend. Es waren eher mäßig unterhaltsame B-Movies, mit denen man durchaus Spaß haben konnte, mehr nicht. Ich betrachte beide Filme übrigens auch nicht als Kanon der Alien-Reihe, sondern als Spinoffs in einem alternativen Universum. Das scheint auch immer noch allgemeiner Konsens zu sein, obwohl die Xenopedia alle Produkte beider Universen aufführt. Über ein Crossover von Blade Runner und Alien würde ich mir erst mal nicht den Kopf zerbrechen, solange BL 2049 noch kein Kinoerfolg ist und Scott noch an seinem Prequel zu Alien bastelt.

Seit einigen Jahren geistert ja schon Neil Blomkamps Projekt eines "Alien 5" durchs Netz. Es kursieren einige Konzeptzeichnungen, die eine gealterte Ellen Ripley an der Seite von Corporal Hicks zeigen. Anscheinend ist die Sache auch wegen Covenant nun gestorben. Ich denke, hieran sieht man gut, welche Macht allein der Name Ridley Scott besitzt. Andererseits können wir vielleicht sogar froh sein, dass uns so ein Alien 5 erspart bleiben wird. Ich habe von Blomkamp bisher nur District 9 und Elysium gesehen und halte ihn fürs Alien-Universum eher ungeeignet. Wie er Ripley und Hicks wieder ausgegraben hätte, ohne Alien 3 zu widerlegen oder mal wieder Klone aus dem Hut zu zaubern, würde mich aber wirklich interessieren. Angeblich soll er bereits Sigorney Weaver von seinem Drehbuch überzeugt haben. Hier hat Fox aber vorerst den Stecker gezogen.

Die größte Gefahr für den Alien-Kanon geht derzeit m.E. eindeutig von Ridley Scott aus. Prequels bergen schließlich immer die Gefahr, dass sie die Grundlagen einer bestehenden Welt erschüttern können. Das ist besonders ärgerlich, wenn die Prequels ansich ziemlich unnötig sind. George Lucas hat bei Ep. I-III viel Mist gebaut, doch wenigstens hatte er ein Konzept und eine Idee davon, was er in drei Filmen zeigen und erzählen wollte. (Jetzt verteidige ich schon die Prequel-Trilogie!) Solch ein Konzept sehe ich bei Scott in seinen letzten beiden Filmen nirgends. Es ist ein wilder Zickzack-Kurs in verschiedene Richtungen und schmeckt ständig nach faulen Kompromissen. Irgendwie hat es etwas von einer reinen Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Scott, der mit jedem halbgaren Film die Grundlage für den nun nötigen Nachfolger erzeugt. Ziel war ja auch mal die Anknüpfung an den ersten "Alien". Nach "Covenant" werden viele Fans jetzt vermutlich darauf hoffen, dass ein Nachfolger weitererklärt, was noch zu erklären ist. Doch was soll das eigentlich sein? Wird nun doch noch eine Königin eingeführt werden, damit wir den Kreislauf mit den Eiern endlich schließen können? Ein "Alien: Isolation" kam auch ohne eierlegende Königin aus, ohne dass das die Fans gestört hätte. Man weiß einfach nicht mehr, wohin Scott eigentlich will. Am Ende wird man sich die Klassiker wie "Alien" oder "Aliens" nicht mehr ansehen können, ohne diesen wirren Murks im Hinterkopf zu haben. Und jetzt habe ich gerade große Lust, den ersten Film mal wieder anzuschauen! Androiden und Flötespiel? Ein Alptraum aus dem Hyperschlaf. :lol:

PS: Über Villeneuves "Arrival" werde ich demnächst etwas schreiben, denn der Film hat mich positiv überrascht.
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