SW Episode VII: Ist nun wirklich alles wieder gut?
Verfasst: Sa 23. Jul 2016, 00:29
Die Tage habe ich mir "Das Erwachen der Macht" auf BluRay angeschaut, getreu der Devise: Bewerte keinen Kinohit, den du nicht nach einer gewissen Pause auch auf dem Fernseher zu Hause angeschaut hast. Auf kleinerer Bildschirmdiagonale und ohne großes Mediengedöns im Nacken blättert bei vielen Filmen der oftmals unverdiente, hochgejazzte Bombast ab und zurück bleibt ein Filmerlebnis, das man qualitativ viel realistischer bewerten kann. Das war schon bei "Avatar" so, dem man im TV auch schnell ansah, dass er weltweit etwas überbewertet wurde.
SW VII war also längst fällig, kaltes Bier und Cola standen bereit, das uralte TIE-Fighter-Modell war als Handschmeichler griffbereit, los ging's also.
Was ich gesehen habe, war ein ein recht unterhaltsamer Hochglanz-SF-Film mit schönen Effekten, teilweise annehmbaren Darstellern und alten, altgewordenen Bekannten. Langweilig wurde der Film an keiner Stelle, besonders gut oder - horrible dictu - sogar kultig allerdings auch nicht. Nach der letzten Trilogie war mir schon fast alles egal gewesen, denn eigentlich konnte es nur noch besser werden. Lucas persönlich schrieb damals die Drehbücher und führte Regie; herausgekommen war ein zähes, überambitioniertes Mammutwerk, das völlig überfrachtet, konstruiert und über weite Strecken völlig unglaubwürdig war. Dies kann man dem Auftakt der neuen Trilogie nicht bescheinigen. Wo zuvor noch alles verworren war, ist hier alles fast schon verspielt einfach: Droide mit geheimen Daten auf Wüstenplaneten, Bedrohung, Flucht, Infiltration, dazwischen Kampf und am Ende ein Duell. Hat man alles in Episode, IV und teilweise V schon einmal gesehen, doch im Gegensatz zu damals fehlt in VII einfach das märchenhaft Mythische. Stattdessen gibt's nun an fast jeder Ecke Fan-Service, dafür aber so gut wie nichts Neues oder Überraschendes. Erst wundert man sich, wenn man liest, dass Lawrence Kasdan (Ep. V) das Drehbuch dazu verfasst haben soll, doch dann erfährt man, dass auch J.J. Abrams daran mitgeschrieben hat. Da wundert's einen dann schon weniger. Überhaupt merkt man dem Film an jeder Stelle an, dass das Motto "bloß keine Experimente" jedem der Autoren vorher quasi per Schwedentrunk eingetrichtert worden sein muss. Nichts wurde hier dem Zufall überlassen: Altbewährtes statt Eigenständiges, Neuadaption statt wirklicher Fortsetzung. So etwas muss nicht zwangsläufig schlecht ausfallen, aber besonders toll ist diese pflichtschuldig runtergeleierte Auftragsarbeit des Franchise-Resteverwalters Abrams nun auch nicht. Hatte sich die Trilogie zuvor noch viel zu bierernst genommen, wenn es um Jedi und Macht ging, so geht's bei den neuen Jungspunden dafür viel zu locker-flockig und trivial zu. Es schlägt die Stunde der "Wunderamateure": Jedi-Fähigkeiten müssen ab sofort nicht mehr durch Anleitung und zumindest rudimentäres Training erlangt werden, sondern stehen ad hoc zur Verfügung, wenn die Autoren gerade nicht wissen, wie die machtempfindliche Rey ihre Fesseln loswerden soll. Und Lichtschwertkämpfe gegen versiertere Machtnutzer sind trotz fehlender Ausbildung plötzlich auch kein Problem mehr, wenn der Schurke vorher Han Solo ermordet hat.
Apropos Machtnutzer: Was sind das eigentlich für Antagonisten, mit denen man es zu tun hat?
Der "First Oder" (wer hatte eigentlich die blödsinnige Idee, das mit "Erste Ordnung" zu übersetzen?) ist eine Art Nachfolgeorganisation des guten alten Imperiums mit weniger Macht, aber dafür gleichen Zielen. Obwohl sie eine Kampfstation haben, die den Todesstern von einst alt aussehen lässt, interessiert sich die Neue Republik (einmal erwähnt!) für diese tödliche Bedrohung offenbar gar nicht. Vielmehr gibt es 30 Jahre nach dem Tod des Imperators nun einen sogenannten "Widerstand", der zwar angeblich von der Republik unterstützt wird, aber ansonsten unabhängig von den richtigen Streitkräften einen Kampf gegen die neuen/alten Feinde führt. Vorbei sind die Zeiten des gewachsenen "Expanded Universe", jetzt kommt das "Abramsverse", nach Star Trek nun auch für Star Wars, und Leia darf ab sofort General einer Kampfgruppe sein, die eins zu eins der Rebellen-Allianz gleicht. Das sind also die neuen Machtverhältnisse des Abrams-Star Wars. Die Kernwelten der Republik werden dann auch mal eben ausgelöscht, was im Film gar nicht so richtig deutlich wird, denn eine besondere Rolle spielt die neue Administration der Galaxie ohnehin nicht. Da hätte man schon den Namen "Curuscant" erwähnen müssen, doch stattdessen fiel ein anderer Name, den niemand kennt und daher auch nicht mit der Regierung assoziiert.
Obermotz der "Ersten Ordnung" ist ein hässliches CGI-Alien namens Snoke, das "Oberster Anführer" genannt wird, da im deutschen Sprachraum "leader" auf keinen Fall mit "Führer" übersetzt wird. Mich haben seine wenigen Auftritte nicht beeindruckt, denn viel hatte er nicht zu sagen, und warum Andy Serkis für diese eher schlechte Animation sein Gesicht hergeben musste, ist mir auch nicht klar. Wichtiger ist da schon der zweite Mann in der Reihe, namens Kylo Ren, der offenbar irgendeinem Ritterorden angehört, was aber nicht weiter erwähnt wird. Auch hier wieder jugendliche Amateure in Aktion: Kylo Ren ist im Vergleich zu Darth Vader eher ein mittelprächtiger Cosplayer mit einer neuen Spielart von Lichtschwert und ein paar Zaubertricks. Ansonsten wirkt er wie ein verzogener Bengel mit Vaterkomplex sowie einem Fetisch für Opas verbeulten Wehrmachtshelm, zu dem er gerne mal spricht. Als er schließlich den eigenen (dämlichen) Helm abnahm, war es für mich vorbei. Ein langweiliges Mondgesicht, das nur deswegen halbwegs interessant war, weil man es uns als Sohn von Han Solo vorgstellt hatte. Bedrohlich wirkte er trotz seiner Aggro-Anfälle jedenfalls keinen Meter, und besonders viel hatte er am Ende auch nicht drauf. Sich von einer unerfahrenen 45 kg-Frau derartig verdreschen zu lassen, degradiert ihn in Punkto Bedrohung fast schon auf das Niveau eines Jar Jar Bings. Was ist das eigentlich für ein neues Jugend-Imperium? Im Vergleich zur Wehrmacht wäre die "Neue Ordnung" gewissermaßen die Hitlerjugend. Früher, in den klassischen Filmen, kommandierten imperiale Admirale und Generale mit deutlich mehr als 50 Jahren auf dem Buckel, doch jetzt darf schon ein 31jähriger Darsteller als "General Hux" auftreten. Die Frauenquote unter den Sturmtruppen erfüllt derweil Darstellerin Gwendoline Christie als "Captain Phasma", von der aufgrund der Panzerung absolut nichts zu sehen ist. Hätte man sich doch komplett sparen und stattdessen einen männlichen Komparsen casten können. Die Stimme hätte Christie ebenso gut nachvertonen können. Verschenkt und völlig unnötig. Was wurde nicht nach dem Trailer noch darüber spekuliert ... Am Ende bleibt ein Charakter für die Spielfigurensammlung aus Plastik.
Übrigens, wer sich an meinen häufigen Wehrmacht/Nazi-Analogien stört, muss bedenken, dass das Galaktische Imperium schon immer solche Assoziationen herstellen sollte. Man denke an die Uniformen der Offiziere mit ihren Schaftstiefeln sowie dem feldgrauen Waffenrock mit Stehkragen nebst Koppel. Episode VII treibt es mit der Ähnlichkeit noch weiter. Die Szene, in der General Hux vor seiner angetretenen Truppe seine Brandrede für den Angriff hält, ist mit Nazi-Ästhetik geradezu vollgestopft: es dominieren schwarz-weiß-rote Farben auf Bannern und Standarten -, ein Hakenkreuz würde in dieser Szene kaum noch auffallen.
Nein, in diesem Film sind alle erstaunlich jung - bis auf die Alten natürlich. Immerhin haben Han Solo, Leia und Chewbacca ihre Rollen wieder. Im Trailer wurde Harrison Fords Wiederkehr noch bejubelt - auch ich fand die Szene irgendwie klasse -, doch im Nachhinein bin ich ernüchtert. Ford ist schlicht und ergreifend zu alt, um die Rolle des legendären Weltraumrebellen- und Schmugglers noch glaubwürdig zu verkörpern.In Episode VII leiert Ford seine Zeilen genauso lustlos runter, wie er es schon in seinen letzten Filmen getan hat (den letzten Indiana Jones noch in Einnerung?). Hier ist er endgültig nur noch Fan-Service sowie ein dramaturgisches Element. Dass ihm letztlich sein berühmtes Schiff auch noch gestohlen wurde und er es allein durch einen unglaublichen Zufall wiederfindet, nur damit er irgendwie in die Handlung eingebunden werden konnte, zeigt mir, dass Abrams selbst nicht wusste, was er mit der Figur eigentlich anstellen wollte, außer sie sterben zu lassen. Die interessanteste neue Figur des Film ist übrigens Poe Dameron, eine Art Kreuzung aus Han Solo, Wedge Antilles und Luke Skywalker. Aber natürlich taucht er lediglich am Anfang und Ende noch einmal groß auf. Das soll sich in den kommenden Filmen ändern, dennoch hätte ich gerne mehr von ihm gesehen.
Was ist nicht alles über die angebliche "Politische Korrektheit" des neuen Star Wars gelästert worden: Junge Frau mit Instantkräften statt junger Mann, ein Schwarzer als zweite Hauptfigur ... Darüber kann man freilich denken, was man will, aber letztlich war die Idee eines Deserteurs unter den Sturmtruppen m.E. einer der wenigen frischen Ideen des Franchise' für diesen Film. Großartig genutzt wurde diese Idee leider auch nicht gerade: Desertion - Seitenwechsel - Guter Freund, Sidekick. Das hätte man auch besser lösen können.
Der Rest verliert sich leider im Kitsch sowie in einer dramatischen Zuspitzung, die direkt aus Episode IV übernommen wurde: Die Superwaffe kann bald schießen, also muss sie vorher von unseren Helden von Innen gesprengt werden. Fortan schlägt die Abrams' sche Schwachsinnstechnologie endgültig zu. Die "Starkiller-Basis" kann also ganze Sterne (!) absaugen, speichern und danach gleich mehrere Planeten auf einmal zerstören. Die Salven bewegen sich natürlich mit Über-Lichtgeschwidigkeit und treffen ihre Opfer Lichtjahre entfernt freilich ohne jede Vorwarnung. Bei der Ausschlachtung von Star Trek musste die neu erfundene "Rote Materie" noch fürs unmotivierte Inferno herhalten, jetzt haben wir jedoch "Starkiller" als neueste Ober-Überwaffe. Da entblödet man sich auch nicht, in der Einsatzbesprechung zuvor noch schnell den alten Todesstern einzublenden und zu verharmlosen. Höher, weiter, schneller - es musste halt noch eine größere Superwaffe her. Ernstnehmen konnte ich das jedoch nicht mehr. "Todesstern" mag zwar schon immer ein etwas klischeehafter Name gewesen sein, doch immerhin hat er es inzwischen in den Wortschatz der aktuellen Popkultur gebracht. Er wirkt noch heute irgendwie bedrohlich und übermächtig und taucht manchmal als Metapher auf. So etwas funktionert allerdings nur einmal; "Starkiller Basis" wiederum ist ein epigonaler Superlativ, der niemals mehr sein wird als ein effektheischendes Drehbuch-Konstrukt zur Schaffnung einer Bedrohungslage. Weder kann man das Ding wirklich ernstnehmen, noch wird man die Funktionsweise akzeptieren. Hier bewegen wir uns direkt auf dem Niveau der "Fanfiction", denn nur dort gehören solche albernen Superwaffen zu den Bedrohungen, wenn einem sonst nichts besseres mehr einfällt. Allein der Name "Starkiller Base" ist so himmelschreiend albern, dass er selbst den Machern der Serie "Raumpatrouille Orion" zu affektheischend und plakativ erschienen wäre -, und die hatten immerhin noch ihren mächtigen "Overkill" als letzte Maßnahme!
Vieles in diesem Film ist so absurd, dass man gar keine Lust mehr bekommt, über die zahlreichen Logikfehler und krassen Irrungen nachzudenken. Wenn ich selbst schon nicht mehr so richtig "reinkomme" in dieses Universum, warum sollte ich mir dann noch den Kopf darüber zerbrechen, wie die "Neue Ordnung" es geschafft hat, einen Planeten zum Kampfstations-Hybriden umzubauen (oder gar umgekehrt?) und Sonnen "abzusaugen", ohne dass die Oberfläche unbewohnbar wird. Es interessiert mich schlicht und ergreifend nicht, und das ist für mich kein gutes Zeichen. Ich weiß nicht, ob ich mit diesem neuen Star Wars warm werde, aber der alte Funke will einfach nicht so recht überspringen. Die Trickeffekte sind natürlich vom Feinsten, doch irgendwie finde ich die alten Modelle an Drahtseilen der klassischen Trilogie dann doch beeindruckender. Vielleicht ist die Übertragung klassischer Designs von vor knapp 40 Jahren in die heutige Zeit doch problematischer als gedacht. Als z.B. die Sturmtruppen in einem Waldgebiet in Aktion treten, fällt plötzlich auf, wie plump und unbeweglich sie in ihren Panzerungen eigentlich sind. Dazu noch die strahlend weißen Anzüge, die sie zu Zielscheiben machen, während ihre schweren Harnische weiterhin keinen Schutz vor Treffern bieten. Irgendwie wirkt das sehr altmodisch und aus der Zeit gefallen. X-Wings und TIE-Fighter sind zwar allesamt moderat modernisiert worden, doch so cool wie früher wirken sie jetzt auch nicht mehr. Vielleicht kann man mir's auch schlicht nicht rechtmachen, aber für mich fühlt sich Episode VII an wie ein extrem teurer Fan-Film ohne eigene Ideen, der aber alle Fans ansprechen soll.
Ein großes Problem ist auch der historisch-politische Rahmen dieser neuen Ära. Über 30 Jahre sind vergangen, aber man erfährt so gut wie nichts darüber, was sich nach der Schlacht um Endor alles getan hat. Wer den Krieg wie gewonnen hat, ist nicht richtig klar, und weshalb es einen "Widerstand" braucht, wenn es doch eine neue Republik gibt, erschließt sich überhaupt nicht. Der Zeitsprung ist einfach zu groß, als dass man ihn mit ein paar Prolog-Zeilen abhandeln könnte. Darüber hinaus wird viel zu viel von Luke Skywalker geredet, obwohl er im Film so gut wie keine Rolle spielt. Man weiß nicht so recht, woran man hier ist und fühlt sich schlicht nicht zu Hause.
Möglicherweise wird sich in den beiden Fortsetzungen einiges aufklären, dennoch fühlt sich dieser Ep.VII-Einstand noch sehr fremd an -, wie eben ein Fanfilm in einer möglichen Zukunft. Das klassische SW-Feeling will sich zumindest bei mir nicht einstellen; das schafffen selbst kanonische Jugendserien wie "Star Wars Rebels" weitaus besser. Dort kündigt der Trailer zur dritten Staffel sogar die Kanonisierung einer der interssantesten und populärsten Figuren aus dem ehemaligen "Expanded Universe" an: Großadmiral Thrawn. Und das ist in meinen Augen momentan wesentlich spannender als der zeitlich weit entfernte Handlungsbogen von "Das Erwachen der Macht". Gleichzeitig lockt ein "Rogue One" mit den Vorzügen der Guten alten Zeit bzw. einem Blick in die Vergangenheit, wo es noch ein ordentliches Imperium gab, das man ernstnehmen konnte. Dessen Trailer versprüht schon jetzt bei weitem mehr SW-Charme als Abrams' "Wir machen es allen irgendwie recht"- Machwerk. Sprich, die Familien-Soap um Han und Leias missratenen Sohn im Kampf gegen eine Jugendfeuerwehr mit Superwaffe und Instand-Jedi reißt mich schon vom Konzept her nicht vom Hocker. Der Kampf um die Baupläne des ersten Todessterns oder der Beginn der Rebellion gegen das Imperium sind da um Welten packender. Wie gesagt, dies war nur der Auftakt einer Trilogie, doch für eine richtige Fortsetzung nach über 30 Jahren sollte man dem Publikum schon etwas mehr bieten als den faden Neuaufguss alter Storys in einer schlecht etablierten, undurchdachten Zukunft. Das ehemalige und nun nicht mehr kanonische "Expanded Universe" bot sicher auch jede Menge Schund, doch die Zeit nach Episode VI wurde dort glaubwürdiger erzählt und etabliert.
Nein, wieder gut ist da noch lange nichts. Das könnte es aber immer noch werden. Jagt nur endlich diesen völlig überschätzen Auftrags-Stümper J.J. Abrams (nebst seinen Drehbuch-Kumpels) vom Hof und am besten aus dem ganzen Sci-Fi-Genre! Wer als angeblicher Trekkie schon derartig versagt hat, kann und darf doch nicht der Hoffnungsträger für Star Wars sein. Vor zwanzig Jahren wäre eine solche Grenzüberschreitung gar nicht denkbar gewesen, doch heutzutage darf unter dem Deckmantel des großen Namens anscheinend alles und jeder werkeln: Wenn es nur halbwegs gute Einnahmen verspricht. Wer dreht und schreibt den nächten Teil? Adam Sandler im Gespann mit Danny DeVito? Mittlerweile ist doch alles möglich.
SW VII war also längst fällig, kaltes Bier und Cola standen bereit, das uralte TIE-Fighter-Modell war als Handschmeichler griffbereit, los ging's also.
Was ich gesehen habe, war ein ein recht unterhaltsamer Hochglanz-SF-Film mit schönen Effekten, teilweise annehmbaren Darstellern und alten, altgewordenen Bekannten. Langweilig wurde der Film an keiner Stelle, besonders gut oder - horrible dictu - sogar kultig allerdings auch nicht. Nach der letzten Trilogie war mir schon fast alles egal gewesen, denn eigentlich konnte es nur noch besser werden. Lucas persönlich schrieb damals die Drehbücher und führte Regie; herausgekommen war ein zähes, überambitioniertes Mammutwerk, das völlig überfrachtet, konstruiert und über weite Strecken völlig unglaubwürdig war. Dies kann man dem Auftakt der neuen Trilogie nicht bescheinigen. Wo zuvor noch alles verworren war, ist hier alles fast schon verspielt einfach: Droide mit geheimen Daten auf Wüstenplaneten, Bedrohung, Flucht, Infiltration, dazwischen Kampf und am Ende ein Duell. Hat man alles in Episode, IV und teilweise V schon einmal gesehen, doch im Gegensatz zu damals fehlt in VII einfach das märchenhaft Mythische. Stattdessen gibt's nun an fast jeder Ecke Fan-Service, dafür aber so gut wie nichts Neues oder Überraschendes. Erst wundert man sich, wenn man liest, dass Lawrence Kasdan (Ep. V) das Drehbuch dazu verfasst haben soll, doch dann erfährt man, dass auch J.J. Abrams daran mitgeschrieben hat. Da wundert's einen dann schon weniger. Überhaupt merkt man dem Film an jeder Stelle an, dass das Motto "bloß keine Experimente" jedem der Autoren vorher quasi per Schwedentrunk eingetrichtert worden sein muss. Nichts wurde hier dem Zufall überlassen: Altbewährtes statt Eigenständiges, Neuadaption statt wirklicher Fortsetzung. So etwas muss nicht zwangsläufig schlecht ausfallen, aber besonders toll ist diese pflichtschuldig runtergeleierte Auftragsarbeit des Franchise-Resteverwalters Abrams nun auch nicht. Hatte sich die Trilogie zuvor noch viel zu bierernst genommen, wenn es um Jedi und Macht ging, so geht's bei den neuen Jungspunden dafür viel zu locker-flockig und trivial zu. Es schlägt die Stunde der "Wunderamateure": Jedi-Fähigkeiten müssen ab sofort nicht mehr durch Anleitung und zumindest rudimentäres Training erlangt werden, sondern stehen ad hoc zur Verfügung, wenn die Autoren gerade nicht wissen, wie die machtempfindliche Rey ihre Fesseln loswerden soll. Und Lichtschwertkämpfe gegen versiertere Machtnutzer sind trotz fehlender Ausbildung plötzlich auch kein Problem mehr, wenn der Schurke vorher Han Solo ermordet hat.
Apropos Machtnutzer: Was sind das eigentlich für Antagonisten, mit denen man es zu tun hat?
Der "First Oder" (wer hatte eigentlich die blödsinnige Idee, das mit "Erste Ordnung" zu übersetzen?) ist eine Art Nachfolgeorganisation des guten alten Imperiums mit weniger Macht, aber dafür gleichen Zielen. Obwohl sie eine Kampfstation haben, die den Todesstern von einst alt aussehen lässt, interessiert sich die Neue Republik (einmal erwähnt!) für diese tödliche Bedrohung offenbar gar nicht. Vielmehr gibt es 30 Jahre nach dem Tod des Imperators nun einen sogenannten "Widerstand", der zwar angeblich von der Republik unterstützt wird, aber ansonsten unabhängig von den richtigen Streitkräften einen Kampf gegen die neuen/alten Feinde führt. Vorbei sind die Zeiten des gewachsenen "Expanded Universe", jetzt kommt das "Abramsverse", nach Star Trek nun auch für Star Wars, und Leia darf ab sofort General einer Kampfgruppe sein, die eins zu eins der Rebellen-Allianz gleicht. Das sind also die neuen Machtverhältnisse des Abrams-Star Wars. Die Kernwelten der Republik werden dann auch mal eben ausgelöscht, was im Film gar nicht so richtig deutlich wird, denn eine besondere Rolle spielt die neue Administration der Galaxie ohnehin nicht. Da hätte man schon den Namen "Curuscant" erwähnen müssen, doch stattdessen fiel ein anderer Name, den niemand kennt und daher auch nicht mit der Regierung assoziiert.
Obermotz der "Ersten Ordnung" ist ein hässliches CGI-Alien namens Snoke, das "Oberster Anführer" genannt wird, da im deutschen Sprachraum "leader" auf keinen Fall mit "Führer" übersetzt wird. Mich haben seine wenigen Auftritte nicht beeindruckt, denn viel hatte er nicht zu sagen, und warum Andy Serkis für diese eher schlechte Animation sein Gesicht hergeben musste, ist mir auch nicht klar. Wichtiger ist da schon der zweite Mann in der Reihe, namens Kylo Ren, der offenbar irgendeinem Ritterorden angehört, was aber nicht weiter erwähnt wird. Auch hier wieder jugendliche Amateure in Aktion: Kylo Ren ist im Vergleich zu Darth Vader eher ein mittelprächtiger Cosplayer mit einer neuen Spielart von Lichtschwert und ein paar Zaubertricks. Ansonsten wirkt er wie ein verzogener Bengel mit Vaterkomplex sowie einem Fetisch für Opas verbeulten Wehrmachtshelm, zu dem er gerne mal spricht. Als er schließlich den eigenen (dämlichen) Helm abnahm, war es für mich vorbei. Ein langweiliges Mondgesicht, das nur deswegen halbwegs interessant war, weil man es uns als Sohn von Han Solo vorgstellt hatte. Bedrohlich wirkte er trotz seiner Aggro-Anfälle jedenfalls keinen Meter, und besonders viel hatte er am Ende auch nicht drauf. Sich von einer unerfahrenen 45 kg-Frau derartig verdreschen zu lassen, degradiert ihn in Punkto Bedrohung fast schon auf das Niveau eines Jar Jar Bings. Was ist das eigentlich für ein neues Jugend-Imperium? Im Vergleich zur Wehrmacht wäre die "Neue Ordnung" gewissermaßen die Hitlerjugend. Früher, in den klassischen Filmen, kommandierten imperiale Admirale und Generale mit deutlich mehr als 50 Jahren auf dem Buckel, doch jetzt darf schon ein 31jähriger Darsteller als "General Hux" auftreten. Die Frauenquote unter den Sturmtruppen erfüllt derweil Darstellerin Gwendoline Christie als "Captain Phasma", von der aufgrund der Panzerung absolut nichts zu sehen ist. Hätte man sich doch komplett sparen und stattdessen einen männlichen Komparsen casten können. Die Stimme hätte Christie ebenso gut nachvertonen können. Verschenkt und völlig unnötig. Was wurde nicht nach dem Trailer noch darüber spekuliert ... Am Ende bleibt ein Charakter für die Spielfigurensammlung aus Plastik.
Übrigens, wer sich an meinen häufigen Wehrmacht/Nazi-Analogien stört, muss bedenken, dass das Galaktische Imperium schon immer solche Assoziationen herstellen sollte. Man denke an die Uniformen der Offiziere mit ihren Schaftstiefeln sowie dem feldgrauen Waffenrock mit Stehkragen nebst Koppel. Episode VII treibt es mit der Ähnlichkeit noch weiter. Die Szene, in der General Hux vor seiner angetretenen Truppe seine Brandrede für den Angriff hält, ist mit Nazi-Ästhetik geradezu vollgestopft: es dominieren schwarz-weiß-rote Farben auf Bannern und Standarten -, ein Hakenkreuz würde in dieser Szene kaum noch auffallen.
Nein, in diesem Film sind alle erstaunlich jung - bis auf die Alten natürlich. Immerhin haben Han Solo, Leia und Chewbacca ihre Rollen wieder. Im Trailer wurde Harrison Fords Wiederkehr noch bejubelt - auch ich fand die Szene irgendwie klasse -, doch im Nachhinein bin ich ernüchtert. Ford ist schlicht und ergreifend zu alt, um die Rolle des legendären Weltraumrebellen- und Schmugglers noch glaubwürdig zu verkörpern.In Episode VII leiert Ford seine Zeilen genauso lustlos runter, wie er es schon in seinen letzten Filmen getan hat (den letzten Indiana Jones noch in Einnerung?). Hier ist er endgültig nur noch Fan-Service sowie ein dramaturgisches Element. Dass ihm letztlich sein berühmtes Schiff auch noch gestohlen wurde und er es allein durch einen unglaublichen Zufall wiederfindet, nur damit er irgendwie in die Handlung eingebunden werden konnte, zeigt mir, dass Abrams selbst nicht wusste, was er mit der Figur eigentlich anstellen wollte, außer sie sterben zu lassen. Die interessanteste neue Figur des Film ist übrigens Poe Dameron, eine Art Kreuzung aus Han Solo, Wedge Antilles und Luke Skywalker. Aber natürlich taucht er lediglich am Anfang und Ende noch einmal groß auf. Das soll sich in den kommenden Filmen ändern, dennoch hätte ich gerne mehr von ihm gesehen.
Was ist nicht alles über die angebliche "Politische Korrektheit" des neuen Star Wars gelästert worden: Junge Frau mit Instantkräften statt junger Mann, ein Schwarzer als zweite Hauptfigur ... Darüber kann man freilich denken, was man will, aber letztlich war die Idee eines Deserteurs unter den Sturmtruppen m.E. einer der wenigen frischen Ideen des Franchise' für diesen Film. Großartig genutzt wurde diese Idee leider auch nicht gerade: Desertion - Seitenwechsel - Guter Freund, Sidekick. Das hätte man auch besser lösen können.
Der Rest verliert sich leider im Kitsch sowie in einer dramatischen Zuspitzung, die direkt aus Episode IV übernommen wurde: Die Superwaffe kann bald schießen, also muss sie vorher von unseren Helden von Innen gesprengt werden. Fortan schlägt die Abrams' sche Schwachsinnstechnologie endgültig zu. Die "Starkiller-Basis" kann also ganze Sterne (!) absaugen, speichern und danach gleich mehrere Planeten auf einmal zerstören. Die Salven bewegen sich natürlich mit Über-Lichtgeschwidigkeit und treffen ihre Opfer Lichtjahre entfernt freilich ohne jede Vorwarnung. Bei der Ausschlachtung von Star Trek musste die neu erfundene "Rote Materie" noch fürs unmotivierte Inferno herhalten, jetzt haben wir jedoch "Starkiller" als neueste Ober-Überwaffe. Da entblödet man sich auch nicht, in der Einsatzbesprechung zuvor noch schnell den alten Todesstern einzublenden und zu verharmlosen. Höher, weiter, schneller - es musste halt noch eine größere Superwaffe her. Ernstnehmen konnte ich das jedoch nicht mehr. "Todesstern" mag zwar schon immer ein etwas klischeehafter Name gewesen sein, doch immerhin hat er es inzwischen in den Wortschatz der aktuellen Popkultur gebracht. Er wirkt noch heute irgendwie bedrohlich und übermächtig und taucht manchmal als Metapher auf. So etwas funktionert allerdings nur einmal; "Starkiller Basis" wiederum ist ein epigonaler Superlativ, der niemals mehr sein wird als ein effektheischendes Drehbuch-Konstrukt zur Schaffnung einer Bedrohungslage. Weder kann man das Ding wirklich ernstnehmen, noch wird man die Funktionsweise akzeptieren. Hier bewegen wir uns direkt auf dem Niveau der "Fanfiction", denn nur dort gehören solche albernen Superwaffen zu den Bedrohungen, wenn einem sonst nichts besseres mehr einfällt. Allein der Name "Starkiller Base" ist so himmelschreiend albern, dass er selbst den Machern der Serie "Raumpatrouille Orion" zu affektheischend und plakativ erschienen wäre -, und die hatten immerhin noch ihren mächtigen "Overkill" als letzte Maßnahme!
Vieles in diesem Film ist so absurd, dass man gar keine Lust mehr bekommt, über die zahlreichen Logikfehler und krassen Irrungen nachzudenken. Wenn ich selbst schon nicht mehr so richtig "reinkomme" in dieses Universum, warum sollte ich mir dann noch den Kopf darüber zerbrechen, wie die "Neue Ordnung" es geschafft hat, einen Planeten zum Kampfstations-Hybriden umzubauen (oder gar umgekehrt?) und Sonnen "abzusaugen", ohne dass die Oberfläche unbewohnbar wird. Es interessiert mich schlicht und ergreifend nicht, und das ist für mich kein gutes Zeichen. Ich weiß nicht, ob ich mit diesem neuen Star Wars warm werde, aber der alte Funke will einfach nicht so recht überspringen. Die Trickeffekte sind natürlich vom Feinsten, doch irgendwie finde ich die alten Modelle an Drahtseilen der klassischen Trilogie dann doch beeindruckender. Vielleicht ist die Übertragung klassischer Designs von vor knapp 40 Jahren in die heutige Zeit doch problematischer als gedacht. Als z.B. die Sturmtruppen in einem Waldgebiet in Aktion treten, fällt plötzlich auf, wie plump und unbeweglich sie in ihren Panzerungen eigentlich sind. Dazu noch die strahlend weißen Anzüge, die sie zu Zielscheiben machen, während ihre schweren Harnische weiterhin keinen Schutz vor Treffern bieten. Irgendwie wirkt das sehr altmodisch und aus der Zeit gefallen. X-Wings und TIE-Fighter sind zwar allesamt moderat modernisiert worden, doch so cool wie früher wirken sie jetzt auch nicht mehr. Vielleicht kann man mir's auch schlicht nicht rechtmachen, aber für mich fühlt sich Episode VII an wie ein extrem teurer Fan-Film ohne eigene Ideen, der aber alle Fans ansprechen soll.
Ein großes Problem ist auch der historisch-politische Rahmen dieser neuen Ära. Über 30 Jahre sind vergangen, aber man erfährt so gut wie nichts darüber, was sich nach der Schlacht um Endor alles getan hat. Wer den Krieg wie gewonnen hat, ist nicht richtig klar, und weshalb es einen "Widerstand" braucht, wenn es doch eine neue Republik gibt, erschließt sich überhaupt nicht. Der Zeitsprung ist einfach zu groß, als dass man ihn mit ein paar Prolog-Zeilen abhandeln könnte. Darüber hinaus wird viel zu viel von Luke Skywalker geredet, obwohl er im Film so gut wie keine Rolle spielt. Man weiß nicht so recht, woran man hier ist und fühlt sich schlicht nicht zu Hause.
Möglicherweise wird sich in den beiden Fortsetzungen einiges aufklären, dennoch fühlt sich dieser Ep.VII-Einstand noch sehr fremd an -, wie eben ein Fanfilm in einer möglichen Zukunft. Das klassische SW-Feeling will sich zumindest bei mir nicht einstellen; das schafffen selbst kanonische Jugendserien wie "Star Wars Rebels" weitaus besser. Dort kündigt der Trailer zur dritten Staffel sogar die Kanonisierung einer der interssantesten und populärsten Figuren aus dem ehemaligen "Expanded Universe" an: Großadmiral Thrawn. Und das ist in meinen Augen momentan wesentlich spannender als der zeitlich weit entfernte Handlungsbogen von "Das Erwachen der Macht". Gleichzeitig lockt ein "Rogue One" mit den Vorzügen der Guten alten Zeit bzw. einem Blick in die Vergangenheit, wo es noch ein ordentliches Imperium gab, das man ernstnehmen konnte. Dessen Trailer versprüht schon jetzt bei weitem mehr SW-Charme als Abrams' "Wir machen es allen irgendwie recht"- Machwerk. Sprich, die Familien-Soap um Han und Leias missratenen Sohn im Kampf gegen eine Jugendfeuerwehr mit Superwaffe und Instand-Jedi reißt mich schon vom Konzept her nicht vom Hocker. Der Kampf um die Baupläne des ersten Todessterns oder der Beginn der Rebellion gegen das Imperium sind da um Welten packender. Wie gesagt, dies war nur der Auftakt einer Trilogie, doch für eine richtige Fortsetzung nach über 30 Jahren sollte man dem Publikum schon etwas mehr bieten als den faden Neuaufguss alter Storys in einer schlecht etablierten, undurchdachten Zukunft. Das ehemalige und nun nicht mehr kanonische "Expanded Universe" bot sicher auch jede Menge Schund, doch die Zeit nach Episode VI wurde dort glaubwürdiger erzählt und etabliert.
Nein, wieder gut ist da noch lange nichts. Das könnte es aber immer noch werden. Jagt nur endlich diesen völlig überschätzen Auftrags-Stümper J.J. Abrams (nebst seinen Drehbuch-Kumpels) vom Hof und am besten aus dem ganzen Sci-Fi-Genre! Wer als angeblicher Trekkie schon derartig versagt hat, kann und darf doch nicht der Hoffnungsträger für Star Wars sein. Vor zwanzig Jahren wäre eine solche Grenzüberschreitung gar nicht denkbar gewesen, doch heutzutage darf unter dem Deckmantel des großen Namens anscheinend alles und jeder werkeln: Wenn es nur halbwegs gute Einnahmen verspricht. Wer dreht und schreibt den nächten Teil? Adam Sandler im Gespann mit Danny DeVito? Mittlerweile ist doch alles möglich.