George Oldziey hat geliefert! Seit dem 18.03. sind die digitalen Tracks der Volume 2 des
Wing Commander Live Recording für alle Unterstützer als Download verfügbar. Die Produktion der physischen Tonträger (CD und Vinyl) läuft gerade auf Hochtouren. Das Abmischen der Aufnahmen hatte sich zuletzt etwas verzögert, da das Studio in Los Angeles wegen der Brandkatastrophe im Januar von Stromausfällen geplagt gewesen war. Oldziey konnte den bekannten Toningenieur Bruce Botnick für das Mixing der Titel gewinnen, der seine Künste kostenlos zur Verfügung gestellt hat.
Satte 16 Stücke sind es geworden, wobei Track 16 "Silverheart Action" (WC Prophecy) bereits in Volume 1 enthalten war; daher sind es letzten Endes 15 neue Titel. Diese bestehen aus drei Stücken von WC 3, acht aus WC 4 sowie vier aus WC Prophecy. Wer sich für orchestrale Film- und Game-Soundtracks begeistert, kommt wirklich auf seine Kosten. Meine Güte, hat Oldziey hier ein musikalisches Feuerwerk abgebrannt! Ich war in der Vergangenheit noch etwas skeptisch gewesen, da die prominentesten Ohrwürmer aus den letzten drei Wing Commanders eigentlich mit Volume 1 (2014) bereits abgdeckt schienen. Auch wenn einige Titel der Volume 2 nominell eher zur zweiten Garde gehören - ich meine hier vor allem die oft mehrfach verwendeten Missions-Tracks, die man im Cockpit zur hören bekam - so tut das dem Hörerlebnis keinen Abbruch. Ganz im Gegenteil und Asche auf mein Haupt: Oldzieys Arrangements sind durch die Bank hervorragend. Tatsächlich sehe ich die Höhepunkte der Volume 2 sogar genau in jenen Tracks, die furchtbar generische Titel tragen und uns damals auf so manchen Kampfpatrouillen begleiteten. Zwar konnte ich jedes dieser Stücke anhand der Themen sofort wiedererkennen, doch die orchestrale Ausführung durch das
Budapest Scoring Orchestra hat mich immer wieder total überrascht und begeistert. Welch großartige Kompositionen doch damals in so manchem synthetischen Midi-Gedudel steckten, das man früher oft nur am Rande zur Kenntnis genommen hat! Mit "Wing Commander 4 - Mission 5" hat George Oldziey meines Erachtens ein Meisterstück abgeliefert, das die ganze Dramatik von "The Price of Freedom" zum Ausdruck bringt: Trostlosigkeit, Einsamkeit, Bedrohung, Wiederstand und Hoffnung ... Einfach Großartig. Und fast schon wieder tragisch zugleich, denn ohne diese grandiose Untermalung möchte ich ein WC 4 gar nicht mehr spielen.
Toll auch die Tracks "Wing Commander 4 - Mission 2" sowie "Mission 7". Fantastische Streicher und imposante Blechbläser spielen hier eine ikonische Fanfare auf, die heutzutage das Titelthema eines ganzen Hollywood-Streifens tragen könnte. Dann "Mission 7": zunächst eine dynamischere Version des Titelthemas, möchte man meinen, - doch darauf folgend verspielte Varationen des Grundthemas sowie ein Choreinsatz, der für Gänsehaut sorgt ...
"Wing Commander 4 - Telamon": Eines meiner persönlichen Highlights schon damals, wenn auch leider sehr kurz. Klassisches Abenteuerfilm-Genre à la "Indiana Jones", das sofort in düstere Stimmung übergeht. Hierzu sahen wir damals die Auswirkungen der Black Lance-Biowaffe an wehrlosen Opfern ... Passend.
Ebenfalls kurz, aber wichtig: "Death of Vagabond": Der Tod eines beliebten Piloten und Nebencharakters. Das Stück klingt genauso überraschend, wie die Szene in WC 4 damals wirkte: kurz vor dem Erfolg der Protagonisten kommt es zum tödlichen Waffentreffer in Vagabonds Brust mit der Erkenntnis für den Zuseher, dass es hier keine Rettung und auch keinen längeren Abschied geben wird. Seine Leiche bleibt in Feindeshand. Ein wichtiger Zwischen-Höhepunkt in WC 4, dem leider nur eine einzige Trauerszene folgte. Schade.
Wing Commander Prophecy: schon damals war das (nicht nur) musikalisch irgendwie anders und meines Erachtens nicht auf dem Niveau der Vorgänger. Ein klares Titelthema hatte Prophecy irgendwie nie, jedenfalls keines, das mir im Vergleich zu den Vorgängern in Erinnerung geblieben wäre. Das muss nicht an Oldziey gelegen haben. Origin/EA hielt es damals darüber hinaus für eine gute Idee, für Teile des Missions-Soundtracks auf Industrial-Gehämmer von Bands wie Cobalt 60 oder Junkie-XL (und andere) zu setzen. Das mochte für das eintönige Abknallen von einfallslosen Gegnermassen angemessen sein, blieb allerdings nicht im Ohr. Doch es gibt auch einen orchestralen Soundtrack aus der Feder von George Oldziey dazu, und "Prophecy Intro" ist wahrscheinlich noch der beste Titel, den man hierzu hören kann. Thematisch gibt es hier nicht allzu viel zu erleben außer der düsteren Bedrohung durch die Nephilim, wobei das letzte Drittel des Stücks mit dem Auftritt der neuen Hauptfiguren (und der TCS Midway) ein paar schöne Akzente setzt. "Blair´s Abduction" sticht hier noch einmal positiv heraus. Ich hatte das Stück zwar in Erinnerung - immerhin verlieren wir hier Christopher Blair für immer - doch Oldziey macht mit der Verknüpfung von Harfe und Chor aus dem Track ein beeindruckendes melancholisches Erlebnis. Leider fehlt auch hier erneut der Abwechslungsreichtum und das Spiel mit dem Hauptthema, das Oldziey in den beiden anderen Wing Commanders so brillant beherrscht. Ohne ein klar definiertes musikalisches Thema für Prophecy war das wohl auch gar nicht anders möglich.
Die drei Titel aus
WIng Commander 3 - Heart of the Tiger schließen die Reihen, die Volume 1 aufgestellt hat - und das fulminant. In "Mission 3" gibt es epische Bläser-Fanfaren, militärische Perkussion sowie eine tolle Leistung des Chors zu hören, sodass man sofort wieder seinen Joystick von einst in Händen fühlt. Ähnliches gilt für "Combat 8", wo die Musik einlöst, was der Titel verspricht: Hier arbeitet Oldziey wieder mehr mit den Grundthemen und Harmonien von WC 3. Tolle Varianten, großartige Bläser sowie eine Dynamik, die sofort die Raumkämpfe von damals vor Augen führt. Herrjeh - so muss das sein!
Eine Sonderstellung hat noch mal "Wing Commander 3 - Winning Endgame". Wir erinnern uns: hier steht Blair vor Melek, der sich nach der Zerstörung Kilrahs auf die Knie wirft. Danach folgt die Unterzeichnung der Kapitulation und das Ende des Krieges. Hier spielt Oldziey noch einmal mit allen Themen, hoffnungsvoll und bedrückend, traurig und aufmunternd, verhalten fröhlich sowie miltärisch ernst... Großartig! Und es passt so perfekt, da ja auch das Ende von WC 3 nichts Heroisches oder Glänzendes an sich hatte. Ein Völkermord kann nie ein befriedigender Sieg sein. Daher bleibt auch musikalisch eine melancholisches Bedrückung, die einen Christopher Blair fortan prägen wird. Man hört es, und man spürt es. Verdammt gut gemacht!
Ich kann und werde nicht auf alle Titel der Volume 2 eingehen. Seit heute Mittag habe ich die Tracks im Ohr, und kann mich nicht daran satt hören. George Oldziey hat den Kreis geschlossen, den er vor zehn Jahren begonnen hat. Eine großartige Leistung sowie ein Projekt, das man nun als abgeschlossen betrachten kann. Musikalisch existiert nun ein Wing Commander-Album, das man allen Soundtrack-Freunden empfehlen kann. George Oldziey spielt zahlreiche Komponisten Hollywoods mühelos in Grund und Boden, die in den letzten 20 Jahren Musik für Filme schreiben durften. Gerade im Sci-Fi-Genre sehen Wiederholungstäter wie Michael Giacchino gegenüber Oldzieys Kompositionen reichlich alt aus. Welch hervorragende Musik doch Wing Commander zu bieten hat!
"Ich würde immer eine Maschine bevorzugen, die um einen schweren Jäger Kreise fliegen kann, wenn es sein muss.“
Alec "Ninja" Crisologo, Wing Commander Saga