Filmkritik: Ghost in the Shell (2017)

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Filmkritik: Ghost in the Shell (2017)

Beitrag von Arrow »

Da wir uns momentan ein wenig im Sommerloch befinden, nutze ich die Gelegenheit, einen weiteren Film zu besprechen. :)

Ghost in the Shell ist die Realverfilmung bzw. Realfilmadaption eines der (im Westen) bekanntesten japanischen Mangas. Die Manga-Vorlage von Masamune Shirow stammt aus dem Jahr 1989 und hat die japanische Zeichentrick-Kunst erstmals in westlichen Ländern einem größeren Publikum bekannt gemacht. Die Anime-Adaption aus dem Jahr 1995 (Regie: Mamoru Oshii) gilt längst als Kultfilm und wird im Genre des Cyberpunk längst an die Seite von Klassikern wie Blade Runner gestellt. 2004 folgte eine eigenständige Fortsetzung (Innocence), zwei Staffeln einer Serie (Stand alone Complex), ein abschließender TV-Film (Solid State Society) sowie die inzwischen fünfteilige Prequel-Reihe Arise. Ein Ende der Cyberpunk-Reihe ist noch nicht abzusehen ...

Japan in einer nicht allzu weit entfernten Zukunft: Vernetzung und Kybernetik sind so alltäglich geworden wie heutzutage Smartphones. Mensch und Maschine verschmelzen immer mehr miteinander, der organische Körper ist zu einer beliebig modifizierbaren Verfügungsmasse geworden. Alles und jeder ist vernetzt - die Cyberkriminalität steht an der Tagesordnung. Major Mira Killian ist Einsatzleiterin der Sektion 9, einer Spezialeinheit des japanischen Innenministeriums, die mit der Abwehr von Cyberterrorismus betraut ist. Sie selbst besitzt seit dem Kindesalter einen vollständig künstlichen Körper (eine shell); lediglich ihr Gehirn und damit ihre persönliche Identität (ghost) ist noch organisch. Als ein mysteriöser Hacker namens Kuze mit ferngesteuerten Geisha-Gynoiden ein Attenat auf einem Entwickler des Kybernetik-Konzerns Hanka Industries verübtt, nimmt Killians Team die Verfolgung auf. Da Hanka auch Miras Körper konstruiert hat, führen sie die Ermittlungen gleichzeitig in ihre Vergangenheit. Killian findet heraus, dass sie ihren eigenen Erinnerungen nicht trauen kann ...

Zur Rezension aufklappen:
[+] spoiler

Ich war sehr gespannt auf den Film, schließlich geisterte das Vorhaben einer Realverfilmung schon seit langen Jahren durch die Öffentlichkeit. Als dann im letzten Jahr die ersten Schnappschüsse von den Dreharbeiten im Netz auftauchten, brach vor allem online auch gleich ein Sturm der Entrüstung los: Ausgerechnet Scarlett Johannson, ein weißes, superreiches Hollywood-Starlet, sollte die Hauptfigur spielen. Als dann noch vom Namen "Mira Killian" die Rede war - statt wie im Original "Motoko Kusanagi", schien der Skandal perfekt: Hollywood betreibe übles "whitewashing", also die Besetzung nicht-europäischstämmiger Charaktere mit weißen Darstellern. Auch von kultureller Aneignung eines genuin japanischen Stoffes (cultural appropriation) war schnell die Rede, und bevor nur ein erster Teaser veröffentlicht war, stand der Film bereits unter dem Vorwurf rassistischer Geschäftspraktiken. Auch manche deutschsprachigen Film- und Medienportale stimmten gerne in den Chor der Entrüsteten mit ein. In Ostasien und vor allem in Japan sah man die Sache hingegen wesentlich entpannter. Selbst Regisseur Mamoru Oshii sprang Regisseur Sanders und Hauptdarstellerin Johannson zur Seite; die Cyberpunk-Welt eines Ghost in the Shell mache ethnische Unterschiede schlicht überflüssig, da der Körper ohnehin nur noch eine frei wählbare Prothese darstelle. Wie würde Hollywood damit umgehen, war die Frage.

Zugegeben, auch ich hatte mir damals lieber eine rein japanische Produktion gewünscht, jedoch nicht wegen der Hautfarbe der Hauptdarstellerin, sondern weil ich im Falle einer Hollywood-Adaption um die Verflachung und Banalisierung des Stoffes fürchtete. Die philosophischen, ethischen und psychologischen Themen machten in Oshiis Verfilmung den besonderen Reiz aus: Motoko Kusanagi war stets von Zweifeln um ihre eigene Menschlichkeit geplagt. Wie weit kann die kybernetische Veränderung eines Menschen gehen, ohne dass er seine Menschlichkeit verliert? Welchen Stellenwert haben persönlichkeitsstiftende Grundkonstanten wie Erinnerungen, wenn das eigene Restgehirn vernetzt ist, wenn Sinneswahrnehmungen selbst simuliert und digital getäuscht werden können? Was bedeutet Persönlichkeit, wenn aus dem weltweit vernetzten Datenstrom durch emergente Effekte neue Künstliche Intelligenzen entstehen? Im Anime waren diese Zweifel und Fragestellungen immer präsent - am Ende führten sie zu Kusanagis völliger Entkörperlichung und zu einer Wiederauferstehung als digitale Entität. Der 1995er Film nahm viele Fragestellungen des Klassikers Blade Runner auf, um sie einen Schritt weiterzudenken. Natürlich war der Anime nicht frei von Problemen: Die zweite Hälfte des etwas zu kurzen Films bestand aus vielen langatmigen Dialogen und EInstellungen, die zwar ungemein stimmungsvoll gestaltet waren, denen es aber entschieden an Dynamik fehlte. Dazu kam eine thematische Überfrachtung, der nicht immer zu folgen war und die etwas mehr Spielzeit hätte vertragen können. Was würde Hollywood damit anstellen, und wie weit würde man die Werktreue treiben?

Treue zu welchem Werk? Bereits der Anime von '95 war von der Manga-Vorlage abgewichen, stellte also eine Verarbeitung des Stoffes dar. Die Serie wiederum nahm von den beiden Filmen kaum Kenntnis, verstand sich allerdings auch nicht als Prequel, sondern adaptierte die Welt mit etwas anderen Schwerpunkten. Die englische Wiki nennt nur den Manga als Vorlage, die deutsche sowohl Manga als auch den ersten Film. Nach Sichtung des Films kann man wohl sagen: So gut wie alles, was jemals unter dem Namen Ghost in the Shell veröffentlicht wurde, diente in irgendeiner Weise als Grund- und Vorlage, als Inspiration sowie Vorbild für den Realfilm. Rupert Sanders' Adaption von Ghost in the Shell stellt etwas völlig Eigenständiges dar und verwertet dafür vor allem Elemente aus den beiden Anime-Filmen. Gewisse Einstellungen und Gadgets wurden direkt übernommen, ganze Kultszenen aus dem Anime praktisch Bild für Bild nachgedreht. Bekannte Handlungselemente wurden eingebaut, aber inhaltlich verändert und neu kombiniert. Hier wurde teilweise ein so wildes Kopieren und Zitieren betrieben, dass man sich fragt, ob es allein dem Zweck des Fanservice dient. Visuell hat man dabei so gut wie nichts falsch gemacht. Sanders präsentiert uns eine futuristische ostasiatische Megapolis, deren Panorama die Grenzen zwischen Physis und Holographie verschwimmen lässt. Werbe-Hologramme überragen die Skyline im Großen ebenso, wie sie das Straßenbild im Kleinen prägen. Das Auto von Batou (des Majors rechte Hand und Mann fürs Grobe, aber mit Herz am rechten Fleck) wurde geradezu mimetisch nachgebaut. Die futuristischen Helikopter überfliegen die Schluchten der Stadt genau wie im '95er Anime, und wenn Abteilungsleiter Aramaki zur Besprechung ruft, dann sieht sein Raum haargenauso aus wie in der Serie. Man hat visuell aus einem großen, bestehenden Fundus geschöpft und die Welt des Animes fotorealistisch zum Leben erweckt. Fans des Mangas und der Animes können also ständig ihre Häkchen unter die Punkte ihrer Strichlisten setzen. Doch die eigentliche Geschichte ist erschreckend konventionell. Die Verfolgung des unbekannten Hackers, der Menschen wie Androiden/Gynoiden in willenlose Marionetten verwandelt, wurde für Kusanagi anno '95 noch zu einer Offenbarung und führte letzten Endes zu einem neuen Seinszustand. Die Realverfilmung fabriziert daraus eine reichlich simpel gestrickte Herkunfts- und Rachegeschichte, die in ihrer Konsequenz sämtlichen GitS-Iterationen hohnspricht: es bleibt letztlich beim schnöden Geballer und die Wiedergewinnung des richtigen Namens der Protagonistin. Die Schuldigen werden am Ende über den Haufen geschossen bzw. hingerichtet, als ob es um nichts anderes gegangen wäre. Dass dabei auch gewisse Grundprämissen der etablierten Cyberpunk-Welt vermurkst werden, macht es besonders ärgerlich. Dass Mira Killian der erste und einzige Voll-Cyborg sein soll, ist mit Blick auf die Vorlage(n) ziemlich lächerlich. Wenn Menschen praktisch jedes Körperteil (außer gewissen Regionen ihres Gehirns) durch künstliche Produkte ersetzen können, wieso sollte dann gerade der letzte Schritt zum Vollcyborg mit Resthirn etwas derart besonderes sein? Killian/Kusanagi wird im Film zu einem revolutionären Prototypen erklärt, während im selben Film die skurrilsten Hybridwesen herumlaufen. In einer Szene erschrickt der mit allen Wassern gewaschene Batou auf der Herrentoilette vor einer neben ihm am Urinoir stehenden scheinbar transsexuellen Person, bei der es ungewiss bleibt, ob Cyborg oder nicht. Dem Barmann mit grotesk künstlichem Kiefer gegenüber verzieht er jedoch keine Miene. Solche Szenen reißen die Protagonisten regelrecht aus dem Film heraus, dessen Welt das Drehbuch offenbar nie ganz ernstnimmt. Dazu kommen ganz besonders nervige Schnapsideen. Eine solche ist z.B. die unsinnige Zweisprachigkeit innerhalb des Films. Da Chief Aramaki (der Abteilungsleiter von Sektion 9) in den Animes schon immer sehr japanisch aussah (vom Namen ganz zu schweigen), musste seine Figur natürlich von einem Ostasiaten verkörpert werden. Mit Takeshi Kitano konnte man einen berühmten japanischen Darsteller engagieren, der im Cyberpunk-Bereich (Johnny Mnemonic) auch kein unbeschriebenes Blatt ist. Er spricht seltsamerweise als einziger Japanisch, während alle anderen (auch die anderen Japaner) Englisch bzw. Deutsch reden. Offenbar wollte man sich damit, möglicherweise aus schlechtem Gewissen heraus, der japanischen Kultur wieder etwas annähern, aber im Film wirkt es komplett deplatziert. Solch ein zweisprachliches Nebeneinander gab es in den Vorbildern nie - immer war klar, dass die Amts- und Umgangssprache einer japanischen Behörde natürlich Japanisch sein würde. Die Internationalisierung, die man eigentlich vermeiden wollte, wird über die alberne Mehrsprachigkeit also durch die Hintertür wieder eingeführt. Dazu wurde Kitano mit einer völlig albernen Frisur ausgestattet, die keine Ähnlichkeit zu seinem Anime-Pendant aufweist. Die anderen Teammitglieder bleiben bis auf Batou und vielleicht noch Togusa blass und randständig. Die Figur des Datenspezialisten Ishikawa wurde mit einem dunkelhäutigen Darsteller besetzt, was freilich keinen internationalen Protest ausgelöst hat, und auch eine Frau ist plötzlich dabei, deren Rolle ich nicht einschätzen kann. Auch in den beiden Anime-Filmen blieben diese Charaktere eher im Hintergrund, nur die Serie machte aus ihnen richtige Protagonisten. Bleiben also vor allem Killian/Kusanagi sowie Batou übrig, die den Film auf ihren Schultern tragen. Dabei macht der Däne Pilou Asbæk noch die beste Figur, da er einen menschlichen Aspekt einbringt, der Johannson als Killian/Kusanagi abgeht. Seine Besetzung ist m.E. noch die beste des ganzen Films, da er die Figur allein durch seine Physis glaubwürdig verkörpert und dennoch als Sympathieträger durchgeht - das hat er mit seinem Anime-Pendant gemein. Eine Enttäuschung ist für mich jedoch Scarlett Johannson. Mag sein, dass das Drehbuch ihr nur wenig Spielraum beimaß, aber selbst in diesem Fall spielt sie ihre Rolle seltsam steril, geistesabwesend und ausdrucksarm, als wäre sie nur äußerst unwillig dabei. Sie kann es sicherlich besser, aber ich halte sie neben Natalie Portman für die am meisten überschätzte Schauspielerin Hollywoods. Da kann ihre Frisur noch so sehr dem Manga ähneln, sie ist leider nicht gerade die beste Besetzung einer solch ikonischen Figur. Das überträgt sich leider auch auf das ganze Machwerk: Kalt, seelenlos und unpersönlich kommt der Film herüber. Der philosophische Subtext (aus dem ersten Anime) wird höchstens kurz zitiert, bricht aber schnell weg, die sentenzenhafte Nachdenklichkeit des zweiten Animes (Innocence) wird gar nicht erst bemüht. Man nimmt die Cyberpunk-Welt, legt krachende Action hinein, und kurbelt einen reichlich platten Standardplot herunter, das war's. Visuell liefert man tolle Bilder, schicke CGI, fällt aber in Punkto Musik wieder komplett hinter den 20 Jahre alten Anime zurück. Kenji Kawais fantastischer Kult-Soundtrack darf nur noch im Abspann erklingen, der Rest ist generisches Gedudel ...

Fazit: Hier wurde ein großer Name, ein großes Werk, von Hollywood gefressen, verarbeitet, versimpelt, und am Ende auf die denkbar konventionellste Art und Weise aus dem filmverwertungstechnischen Enddarm gedrückt. Was bleibt, ist ein sträflich unterkomplexer Cyberpunk-Actionfilm, der eine großartige Welt zur Verfügung hatte, sie visuell glaubwürdig ins Leben ruft, um sie dann partout nicht zu nutzen. Das Problem war in diesem Fall nicht die Hautfarbe einiger Darsteller, sondern das simple hollywoodeske Verwertungsprinzip, Ghost in the Shell möglichst bekömmlich und leichtverträglich auf den Markt zu schmeißen. Das ist sehr schade, denn die Fragestellungen der Cyberisierung und der Digitalisierung sind heute aktueller denn je und hätten eine zeitgemäße Adaption des Stoffes verdient gehabt. Auch ohne den Dualismus eines René Descardes neu zu diskutieren oder die Grenzen des menschlichen Daseins auszuloten, hätte man Ghost in the Shell (2017) tiefgründiger gestalten können. Stattdessen gab's Ballern, Explosionen, visuellen Fanservice bis zum Overkill, sowie Scarlett Johnnson in der Acryl-Wurstpelle mit ohne Erotik. Fans werden beim Original bleiben, das sich natürlich auch ständig neu definiert, aber inzwischen schon den Sprung zum Theater geschafft hat. Ich wünsche mir jedoch weiterhin eine japanische bzw. ostasiatische Realadaption des Stoffes.
Das hier ist allenfalls unteres Mittelmaß. Gerade noch so. :doubtful:
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Re: Filmkritik: Ghost in the Shell (2017)

Beitrag von Luke »

Das klingt interessant. Auch wenn ich absolut kein Freund von Mangas bin, das ist nicht mein Ding. Daher kenne ich die Vorlagen natürlich nicht.
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Re: Filmkritik: Ghost in the Shell (2017)

Beitrag von Arrow »

Luke hat geschrieben:Das klingt interessant. Auch wenn ich absolut kein Freund von Mangas bin, das ist nicht mein Ding. Daher kenne ich die Vorlagen natürlich nicht.
So habe ich vor Jahren auch gedacht, aber wenn es eine Manga-Umsetzung gibt, die du dir einmal anschauen solltest, dann ist das der Anime von 1995. Der ist inzwischen günstig zu haben, und es gibt ihn mittlerweile sogar in einer Fassung 2.0, die optisch etwas aufgefrischt wurde. Philosophisch durchdrungener Cyberpunk vom Allerfeinsten. Sehr stimmungsvoll und intelligent gemacht - die Musik trägt dazu bei. ;)
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Re: Filmkritik: Ghost in the Shell (2017)

Beitrag von Luke »

Hmm ich hab mal vor langer Zeit Akira gesehen, der gehört ja in diesen Bereich. Den hab ich aber nach ca. 15 Minuten genervt abgeschaltet weil einfach nur brutales Gemetzel im Vordergrund war. Absolut nicht mein Ding.
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Re: Filmkritik: Ghost in the Shell (2017)

Beitrag von Death Angel »

Luke hat geschrieben:Hmm ich hab mal vor langer Zeit Akira gesehen, der gehört ja in diesen Bereich. Den hab ich aber nach ca. 15 Minuten genervt abgeschaltet weil einfach nur brutales Gemetzel im Vordergrund war. Absolut nicht mein Ding.
Ich denke da tust du dem Film unrecht. Akira ist nach wie vor einer meiner Lieblings-Animes, der beiweitem mehr zu bieten hat als übertriebene Gewalt.
Problematisch ist hier vielleicht, das zu Beginn kein Zusammenhang der gezeigten Gewalt mit der Welt in der der Film spielt, aufgezeigt wird. Man sieht bloß 2 rivalisierende Gangs die sich brutal und rücksichtslos bekämpfen, was aber nicht das eigentliche Thema des Films wiederspiegelt.

Das mit der Gewalt in Animes ist sowieso ein eigenes Thema. Mag sein das hier tatsächlich mehr als in realen Filmen erlaubt ist, da es sich "nur" um Zeichentrickgewalt handelt (das gleiche gilt bei Animes übrigens auch für Sex).
Man darf aber auch nicht vergessen, das Animes und Mangas in Japan seit Jahrzehnten zur absolut akzeptierten Erwachsenenunterhaltung und -kultur gehören, wohingegen "Zeichentrick" bei uns mehrheitlich immer noch primär als Kinderunterhaltung angesehen wird.
Das spiegelt dann auch die Themen die darin behandelt werden wieder. Bei uns ist man es wahrscheinlich noch immer nicht gewohnt so etwas in Zeichentrickform dargeboten zu bekommen weil bei uns Zeichentrick oder Animation mit Disney, Dreamworks, etc assoziiert wird.

Den neuen Ghost in the Shell fand ich ganz ok. Außer tollen Effekten bietet er aber leider nicht viel neues.
Neben den beiden originalen Hauptfilmen hat mich die Serie (Stand Alone Complex) sehr positiv überrascht - mit Ausnahme einiger Episoden in denen die Tachikomas eine etwas zu große Rolle spielten ;)

Wem das Thema gefällt der kann sich auch mal Appleseed ansehen (ebenfalls ein Manga aus dem später ein Anime wurde), der ein ähnliches Thema behandelt.
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Re: Filmkritik: Ghost in the Shell (2017)

Beitrag von Arrow »

Death Angel hat geschrieben: Den neuen Ghost in the Shell fand ich ganz ok. Außer tollen Effekten bietet er aber leider nicht viel neues.
Neben den beiden originalen Hauptfilmen hat mich die Serie (Stand Alone Complex) sehr positiv überrascht - mit Ausnahme einiger Episoden in denen die Tachikomas eine etwas zu große Rolle spielten ;)
Ach ja, die putzigen Tachikomas mit ihren Ultraschallstimmen :D "Stand Alone Complex" ist wirklich eine klasse Serie. War ein hochinteressanter Polit-Thriller im Cyberpunkt-Ambiente (ich habe bisher nur Staffel 1 gesehen) mit großartigen Momenten. Ich wünschte, die Realverfilmung hätte sich visuell etwas mehr an der Serie orientiert, in der die Stadt längst nicht so utopisch verfremdet war. Der ganze holografische Firlefanz, der im Film darübergepinselt wurde, war in der Serie so gut wie nicht vorhanden. Hier war man anscheinend vor allem auf Schauwerte aus.

Neues bietet die Verfilmung gewiss nicht, aber - und das ist noch schlimmer - sie bietet leider sogar noch weniger als sämtliche bisherige Anime-Versionen von Ghost in the Shell. Die Adaption war trotz schicker Optik ziemlich banal. Vielleicht wird man sich in Japan doch noch einmal um eine andere Realverfilmung bemühen, die mit der großartigen fiktiven Welt mehr anzufangen weiß. Der Film dürfte leider nicht unbedingt dazu beitragen, Neueinsteiger für Ghost in the Shell zu begeistern. Da muss ich weiterhin auf die Animes verweisen, die von Teilen des westlichen Publikums nicht richtig ernstgenommen werden. Das häufige Vorurteil, man hätte es da vor allem mit Kinderkram zu tun, erinnert mich frappierend an den "deutschen Blick" auf Computerspiele, die als eigenständige Kunst- und Darstellungsform immer noch nicht Film, Theater oder Musik gleichgestellt sind.

Hochnotpeinlich fand ich aber diese ganze Begleitdebatte über "whitewashing" und "kulturelle Aneignung", die (natürlich) vor allem in den westlichen Ländern geführt wurde, und die absurderweise genau über den Köpfen jener Ostasiaten stattfand, die man als Mündel brauchte. Wenn man das Konzept der "Aneignung" mal konsequent verfolgt, dürften wir auch keine Jeanshosen mehr produzieren bzw. tragen, da wir uns damit ein Kulturgut der amerikanischen Arbeiterklasse des 19. Jahrhunderts einverleiben würden. Hat sich Karl May amerikanisches Kulturgut angeeignet? Ich kann ja gut verstehen, dass man heute keine weißen Darsteller mehr für asiatische oder schwarze Rollen umschminkt, aber die ganze Diskussion war für Ghost in the Shell komplett unbegründet. Die Probleme des Films sind ganz andere. In Punkto Besetzung hat man sich auch bei der Besetzung japanischer Charaktere nicht immer mit Ruhm bekleckert. Chief Aramaki wurde allein optisch ziemlich fehlbesetzt und auch falsch frisiert. Die Bühnenfassung von GitS: Arise zeigt, wie man es richtig macht.

"Ghost in the Shell 2: Innocence" finde ich trotz aller Kritik übrigens sehr gelungen. Herrlich atmosphärisch, voller philosophischer Analogien, und visuell trotz CGI-Unterstützung sehr beeindruckend. Über den Soundtrack muss man eh kein Wort verlieren. Kenji Kawei hat da wirklich tolle Arbeit geleistet. Das Thema von "Innocence" ist etwa ab Minute 14 zu hören.

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